Des Kaisers neue Digitalangebote

Die Kri­tik an der IVZ, dass man mit ein­er generellen Abo-Gebühren-Erhöhung die eige­nen Online-Spiel­ereien zu refi­nanzieren ver­sucht, weil der Ver­such, diese durch Wer­bung zu finanzieren, gescheit­ert ist, reisst nicht ab.

Immer­hin scheint es dur­chaus die Möglichkeit zu geben, ein bloßes App-Abo abzuschließen. Allerd­ings sieht es auf der itunes-Seite so aus, als ob das mit 30,99€ noch teuer­er als die Kom­bi-Vari­ante ist.

Ander­er­seits ist es auch merk­würdig, was der Nutzer der IVZ-Android-App so alles ein­räu­men muss. Die instal­lierte App ver­mag es,

- Ihre genaue Posi­tion anhand von GPS-Dat­en oder über Net­zw­erk­stan­dortquellen wie Sende­mas­ten oder WLAN zu ermit­teln. Diese Stan­dort­di­en­ste müssen auf Ihrem Gerät ver­füg­bar und aktiviert sein, damit die App sie ver­wen­den kann. Apps kön­nen Ihren Stan­dort anhand dieser Dat­en ermit­teln und ver­brauchen eventuell zusät­zliche Akkuleistung.

- Dat­en zu den auf Ihrem Gerät gespe­icherten Kon­tak­ten zu ändern, ein­schließlich der Häu­figkeit, mit der Sie bes­timmte Kon­tak­te angerufen, diesen E‑Mails gesendet oder ander­weit­ig mit ihnen kom­mu­niziert haben. Die Berech­ti­gung ermöglicht Apps, Kon­tak­t­dat­en zu löschen.

- auf die Tele­fon­funk­tio­nen des Geräts zuzu­greifen. Die Berech­ti­gung erlaubt der App, die Tele­fon­num­mer und Geräte-IDs zu erfassen, festzustellen, ob ger­ade ein Gespräch geführt wird, und die Rufnum­mer ver­bun­den­er Anrufer zu lesen.

Wozu will die IVZ denn wis­sen, wo ich bin und mit wem ich telefoniere?

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Stalken und ignorieren

Tage gibt es, da geht einem die bessere Hälfte ja ordentlich auf den Zeiger. Aber, Sie wis­sen ja, in guten wie in schlecht­en Zeit­en, nicht wahr?

Gestern war so ein­er. Ich war kaum raus aus dem Haus, da klin­gelt mein Handy: “Du hast deine But­ter­stulle vergessen!” Ja, isja gut, dann hole ich mir halt ein Brötchen unter­wegs, mit solchen Her­aus­forderun­gen werde ich ger­ade noch sel­ber fertig. 

Eine Stunde später ruft sie wieder an, als ich meinen Mailein­gang über­prüfe: “Und?” Was has­se gekauft?” Zwei Brötchen. “Das ist aber nicht so gut für die Gesund­heit, du sitzt eh zu viel, früher hast du mehr Sport gemacht, und dein Bauch war auch schon mal klein­er.” Da komm­ste zu nix, echt jetzt.

Nach­mit­tags sitzen wir bei der Ten­den­z­analyse, die die Geschäfts­führung schon längst auf dem Tisch haben wollte, da klin­gelt es schon wieder. “Na, was mach­ste? Ach, ihr immer mit eueren Organ­i­sa­tio­nen und Ter­mi­nen, da kann sooooo wichtig doch gar nicht sein, haha!” Schon wieder gehen 10 Minuten durch ein über­flüs­siges Tele­fonat drauf.

Abends schafft es die Holde dann kurz vor der Tagess­chau auch mal, sich vom Rech­n­er zu lösen und ins Wohnz­im­mer zu kom­men. Da habe ich mich dann schlafen gestellt. Über was Wichtiges hätte sie mich sich­er schon per Handy informiert.

Tage wie dieser, Sie wis­sen schon,

ihr Philibb

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Schokolade und Koffeein

Wenn ich Ihnen gestern mal einen Blick in meinen Arbeit­sall­t­ag gewährt habe, nun mal zu mein­er Hold­en. Ab und an frage ich mich ja schon, was man so den lieben lan­gen Tag macht in ein­er Lokalredak­tion, wo man doch haupt­säch­lich auf Unfälle und Tode­sanzeigen angewiesen ist. Man kann ja nicht immer den Göt­ter­gat­ten anrufen. Meine Holde baut da auf Kaf­fee und Leck­erlis. Irgend­wie muss der Tag ja rumzukriegen sein. Der beson­dere Kick kommt durch die Ver­pack­un­gen der Süßigkeit­en zu Feierta­gen auf oder bei neuen Schoko­ladenkreatio­nen. Schoko­lade mit Keks ste­ht da ger­ade ganz hoch im Kurs.
Gut, vielle­icht kommt dadurch hier und da die ern­sthafte Befas­sung mit der Welt unter die Räder, aber ich sage Ihnen mal was: Ein paar Lokalredak­tio­nen weit­er tauscht man Scho­ki und Kekse gegen Zicht­en und Sprit. Das grassiert beson­ders dort, wo sich die Redak­teure für verkappte Kün­stler hal­ten, die nur des Broter­werbs in die Niederun­gen dör­flich­er Dop­pelkopfrun­den abtauchen. Und aus deren Tex­ten, wenn man die mal genau liest, trieft der Zynis­mus nur noch so raus. Sowas wollen Sie gar nicht mor­gens zum Brötchen serviert bekommen.

Dann doch eher, Sie wis­sen schon, All­t­ags­flucht­en in Schokokade und Koffeein,

ihr Philibb

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Fastfood und Interesse

Neulich durften ein Kol­lege und ich auf Tagung nach Berlin. Alles groß, alles etwas erdrück­end dort und man kommt kaum dazu, ordentlich was zu sehen, wenn man nicht ger­ade auf Urlaub ist, son­dern zu Geschäfts­be­sprechun­gen muss. Immer­hin sieht es im Osten teil­weise so aus, als wäre die Wende noch im Gange. Da wird wenig gemacht. Dafür riesige Cafés, solche Größen kön­nten sich Café­be­treiber außer­halb Berlins niemals leis­ten. Der Osten ist inzwis­chen ja sowieso von bei­den Teilen Berlins der inter­es­san­tere, wenn Sie mich fragen.

Ent­täuschend ist dage­gen die Berlin­er Küche: Also, für sowas wie ein Berlin­er Schnitzel brauchen Sie aber echt mal einen guten Magen.

Das Schlimm­ste sind aber die gnaden­los gün­sti­gen Fast­food­bu­den: Die berühmte Berlin­er Cur­ry­wurst ist eine hal­b­gare Bratwurst in Ketchup­tunke. Die Bratwurst an der Ecke für 1,25€, den Dön­er für 2€ — da wis­sen Sie, dass das Tier, was da drin ist aber auch nie das Tages­licht gese­hen hat. Da möcht­en Sie auch nicht wis­sen, wo das Bil­ligfleisch herkommt. Auf den Straßen Berlins inter­essiert das nie­man­den, Haupt­sache bil­lig. Das freut die Touris aus der Provinz.

Immer­hin war das Parken gün­stig: 50 Cent für eine halbe Stunde — gün­stiger als daheim. Aber unter uns, Sie wis­sen schon: Beein­druck­end ist anders,

ihr Philibb
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Jürgen Kehrer: Münsterland ist abgebrannt

muensterlandistabgebrannt Ganz schön ver­di­en­stvoll, wie Jür­gen Kehrer, der Erfind­er der Wils­berg-Rei­he im ZDF, das Mün­ster­land in den Blick­punkt der deutschen Krim­i­nal­lit­er­atur rückt. Mün­ster­land ist abge­bran­nt ist der Auf­takt ein­er neuen Mün­ster­land­krim­irei­he und kommt schon mal näher in unser­er Rich­tung als andere Münsterlandkrimis. 

Der Plot ist eine Biopi­ra­terie-Geschichte zwis­chen Nord­walde, Altenberge, Spitzber­gen, Mün­ster und Lengerich. Dass der mil­io­nen­schwere Besitzer eines Unternehmens aus Lengerich auch in Lengerich wohnt, kommt mir zwar etwas merk­würdig vor, aber lassen wir das der dich­ter­ischen Frei­heit. Dass die dauergeile Asi­atin aus­gerech­net aus dem chi­ne­sis­chen Dör­fchen kommt, das in der Geschichte eine wesentliche Rolle spielt, dann aber so gar nichts mit der Geschichte zu tun hat — etwas irri­tierend. Dass im Altenheim das Maikäfer-flieg-Lied in ein­er Zeile zu “Mün­ster­land ist abge­bran­nt” umgedichtet wird, ich mag’s mir nicht vorstellen.

An den besten Stellen ist dies ein Region­alkri­mi, der sich sprach­lich und inhaltlich von anderen Repräsen­tan­ten seines Gen­res wohltuend abhebt, an schlechteren eine unin­spiri­erte Aneinan­der­rei­hung von Haupt­sätzen, die den Leser aus der Geschichte reißen. Für trübe Som­mer­re­gen­t­age aber eine willkommene Abwech­slung, nicht nur für Leute aus der Region.

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Reden und adressieren

Manch­mal mache auch ich mir ansatzweise Sor­gen, ich sagen Ihnen das ganz ehrlich. Ich meine, was war das wieder für eine Woche mit der Hold­en? Erst sucht sie Mon­tag über­e­mo­tion­al­isiert den Weg zur Kirche und find­et dort Maria, dann kriegt sie Dien­stag  den Gartenkoller und unsere­ins darf dran glauben, Mittwoch bleibt sie am Ball und stalkt mich auch noch auf der Arbeit, sehnt sich Don­ner­stag über alle Maßen nach Schoko­lade und Fre­itag nach Fast­food. Und heute fing sie dann an, mit den Scheinen in ihrer Geld­börse zu sprechen. Dass sie mit ihrer Hand­tasche redet, dem Föhn, der Waschmas­chine und dem Kühlschrank, dass sie generell im All­t­ag so vor sich her­brabbelt, das alles kan­nte ich ja schon. Aber mit der Geldbörse?

Da gibt es jet­zt wohl den Kleinen, den Großen, die Süße und meinen Liebling. Ich will ja nicht eifer­süchtig sein, aber irgend­wie denke ich ab und an, wir hät­ten die Kinder­pla­nung nicht ganz so früh an den Nagel hän­gen sollen. Wochen wie diese, Sie wis­sen schon,

ihr Philibb
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Amerikanische Freiheit

Ich bin ja vor kurzem in den USA gewe­sen und mir ist auch aufge­fall­en, dass man dort oft darauf hin­weist, wie frei man doch sei in Ameri­ka in allem was man so dürfe. Diese Fest­stel­lun­gen hört man in den amerikanis­chen Fernsehsendun­gen, über die man ein gewiss­es Bild der USA bekommt. ja nicht so oft. Man sollte meinen, dass sich dieser ange­bliche Umstand etwas mit den hohen Gefäng­nisin­sassen­zahlen beißt. Aber auch dazu find­et man bei den Amerikan­ern eine Erk­lärung:

Amer­i­ca is the freest coun­try in the world. Amer­i­ca allows more free­dom than any oth­er coun­try in the world, much more than Rus­sia and a whole lot more than Scan­di­navia, where they real­ly aren’t free. So offer­ing all this free­dom to soci­ety, there’ll be a cer­tain num­ber of peo­ple, more in this coun­try than else­where, who take advan­tage of that free­dom, abuse it, and end up in prison. That hap­pens because we are so free in this country.

Ja, die Gehirn­wäsche funk­tion­iert halt in Ameri­ka, da ist man so frei, dass man gar nicht mehr genau weiß, was frei bedeuten soll. Und in Skan­di­navien wer­den Frei­heit­srechte noch weniger beachtet als in Rus­s­lan­nd — wusste ich auch noch nicht.

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Blenden und abschrecken

Bevor Sie jet­zt den Kopf schüt­teln: Weiß ich sel­ber, dass CDs nicht die Bohne Rehe vertreiben, wenn man nicht ger­ade ver­sucht, sie stapel­weise damit abzuschmeißen. Die laufen ja auch gegen Autos mit Schein­wer­fer an. Ja, wenn ich nicht Rehe vertreiben wollte, wen den dann? Röööchtöööööch.

Nach der let­zten Woche musste ich mir eben was ein­fall­en lassen, um wenig­stens daheim für ein paar Stun­den Ruhe zu find­en. Also habe ich über Pfin­g­sten ein­fach mal den Garten mit dem Kärcher mal­trätiert und da schön Löch­er in die Beete geschossen. Das wären plattdeutsche Wil­drehe aussm Fis­beck­er Forst gewe­sen. Dann habe ich da noch eine Kuh­le den Rasen­rand längs aus­ge­hoben und gemeint, ich schütze so das Haus vor Über­grif­f­en durch usam­barische Gebirgsla­mas, die da ger­ade aus dem Wildge­hege Saer­beck ent­flo­hen seien. Die sprän­gen halt nicht über Kuhlen, weil denen son­st das Genick bricht, habe ich mein­er Hold­en verk­lick­ert. Ich musste da das Stromk­a­bel ein­fach her­legen. Die CDs in den Bäu­men sind so eng­maschig aufge­hängt, dass man von der Terasse vor Glitzern gar nicht mehr sehen kann, was ich da eigentlich mache. Ja, und das Zelt am Ende des Gartens schützt offiziell vor Lamaspucke, wenn die am Garten entlangziehen.

Meinen Flach­bild­schirm werde ich mir davor in den Baum hän­gen. Außer­dem haue ich da in die Kuh­le am Sam­stag noch schön Balkonkästen mit Eis und Wass­er rein, die mir mein Bier schön kühlen, wenn ich da diese Woche Cham­pi­ons League gucke. Bis dahin sollte dann auch der kurz­schüs­sige Lichtschranken­spren­kler, den ich auf die Ter­rassen­tür aus­gerichtet habe, funk­tion­ieren — so als Not­fal­l­la­ma, falls die Holde mal unpassend auf die Terasse rauskom­men sollte.

Alles notwendi­ge Schutz­maß­nah­men, ich sage es Ihnen: Denn jede noch so atmo­sphärische Fußball­spiel­stim­mung kann meine Holde mit ihrem immer wiederkehren­den Wer spielt da? Für wen bist du? Was müssen die jet­zt tun? Wer sind die Män­ner in gelb? Wo spie­len die? Hast du die braune Tonne schon an die Straße gestellt? ziel­sich­er versenken.

Näch­ste Woche geht’s ja gle­ich weit­er: Da zieht ange­blich die west­ben­galis­che Wat­twurmwan­derung unterirdisch an Ibben­büren vor­bei. Machen die ganzen Wurzeln kaputt. Da gehst du auch am besten mit in den Rasen einge­grabene Vuvuze­las bei, so West­ben­ga­los sollen ja dieses Geräusch nicht abhaben kön­nen. Und die Dinger werde ich mal vorher rück­sichtsvoll austesten, ob die’s auch tun. So unge­fähr wenn das DFB-Pokal-End­spiel ist, draußen im Zelt.

Es kann der Frömm­ste nicht in Frieden leben, na, Sie wis­sen schon,

ihr Philibb
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+ Ernst Klee (1942–2013)

Es war schon immer sehr ungewöhn­lich, dass da eine Schule nach einem Leben­den benan­nt wurde, sowas machte man früher ja nur beim Führer, aber bei Ernst Klee war diese Ehre immer berechtigt: Er war der erste, der detail­re­ich doku­men­tierte, wie sich die Kriegsver­brechen nach Beendi­gung des Zweit­en Weltkriegs weit­ergin­gen. Ein mutiger, der Wahrheit verpflichteter Jour­nal­ist mit großem Ver­di­enst um die deutsche Kriegsaufarbeitung.

Lesetipps

Deutsche Medi­zin im Drit­ten Reich
Zeit.de: His­torik­er Ernst Klee ist tot
taz.de: Ein Aufk­lär­er ersten Ranges
Guardian: Ernst Klee orbituary

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