Das Leistungsschutzrecht für Presseverleger und die Folgen

Ab heute gilt das Leis­tungss­chutzrecht für Pres­sev­er­leger. Und die Medi­en, die sich für das Teck­len­burg­er Land zuständig fühlen, hal­ten sich hierzu bedeckt, mit anderen Worten: Sie schreiben über­haupt nicht darüber. Das kön­nte damit zusam­men­hän­gen, dass Google vor Kurzem angekündigt hat, alle Ver­lage aus ihrem Suchin­dex für Google News rauszuschmeißen, die nicht ein­räu­men, dass die Anzeige der so darstell­baren Artikel genehmigt ist.

Dabei hat­te Chefredak­teur Nor­bert Tie­mann bei der WN noch getönt, als es Rück­en­wind gab:

In ein­er gigan­tis­chen Wer­bekam­pagne, unter­stützt von Lehrstühlen, hat sich der weit­ge­hend intrans­par­ente Konz­ern, der in Deutsch­land kaum Steuern zahlt, die Maske eines Hüters des freien Inter­net aufge­set­zt – und sein knall­hartes Prof­it­in­ter­esse geschickt dahin­ter ver­schleiert. Offen­bar mit Erfolg.

Laut Tie­mann ist Google ein Konz­ern, der

mit der Ware ander­er, näm­lich den Inhal­ten von Ver­la­gen, auch zukün­ftig weit­er Mil­liar­den-Geschäfte macht, ohne die Erbringer dieser Leis­tung daran fair finanziell zu beteiligen.

Gut gebrüllt, Löwe. Da würde man doch meinen, dass man bei den West­fälis­chen Nachricht­en diesen par­a­sitären Konz­ern nicht unter­stützt. Nun hat Google angekündigt, nur noch solche Zeitun­gen unter Google News erscheinen zu lassen, die ein solch­es Erscheinen vor dem 1. August beantragt haben. Ich gehe mal davon aus, dass ab heute auch der Fall ist, dass Google News nur solche Zeitun­gen darstellt, die darum gebeten haben. Und nun rat­en Sie mal, wer dabei ist. Abge­sprun­gen als Tiger, äh, Löwe, egal — und gelandet als Bettvorleger.

Aus­bleiben­des

Wie WN und IVZ auf das Leis­tungss­chutzrecht reagieren, was man beim Zitieren ihrer Pro­duk­te beacht­en sollte, dass der Axel-Springer-Ver­lag beim Leis­tungss­chutzrecht, das er selb­st maßge­blich erlob­byt hat, auss­chert — dazu bish­er kein Ster­benswörtchen. Nur irgendwelche dpa-Texte. Es ist wohl nicht zu erwarten, dass bei­de Zeitun­gen das Leis­tungss­chutzrecht irgend­wie in Anspruch nehmen werden. 

Das Leis­tungss­chutzrecht bringt somit nicht die erwartete finanzielle Vergü­tung für Pres­sev­er­lage mit sich, son­dern nur, dass Presse­pro­duk­te weniger online ver­linkt wer­den. Insofern meinen manche, das Gesetz würde schlicht verpuffen.

Indi­vidu­elle Folgen

Was dieses Leis­tungss­chutzrecht nun für indi­vidu­elle Benutzer bedeutet, ist schw­er abzuschätzen. Gewerbliche Anbi­eter soll­ten for­t­an keine Artikel von Zeitun­gen mehr bei Face­book und sonst­wo mit soge­nan­nten Snip­pets ver­linken. Das entsprechende Gesetz ist allerd­ings auch so schwammig for­muliert, das ganz unklar ist, ob schon das Wiedergeben ein­er Über­schrift eines Artikels eines Pres­sev­er­lages — und in vie­len URLs der Artikel find­et sich schon die Über­schrift — gegen dieses Leis­tungss­chutzrecht verstößt. 

Zudem kann ja immer geklagt wer­den, z.B. auch gegen sich für nichtkom­merziell auftre­tend hal­tende Pri­vat­per­so­n­en, deren Inter­ne­tauftritt — wo auch immer — gewerblich erscheint. Möglicher­weise kön­nen Pres­sev­er­lage auch Inter­essensvertreter ein­set­zen, die sich im Inter­net auf die Suche nach unl­izen­siert gebraucht­en Snip­pets in gewerblichem Anschein machen.

Das klingt vielle­icht etwas unwahrschein­lich, aber ich hätte auch nie gedacht, dass irgen­deinem Anwalt mal ein­fällt, für irgend­wann ein­mal getätigte Blog­beiträge eine Tages­nutzungs­ge­bühr auszurechnen.

Auf der sicheren Seite ist man, wenn man gar nichts mehr ver­linkt oder gefällt­mirt. Zumin­d­est darf man sich zweimal fra­gen, ob man auf Zeitungs­seit­en nicht auf Face­books Gefällt-mir-Klicks verzichtet. Das eigene Face­book-Pro­fil vor Blick­en Fremder, wenn’s nicht ger­ade die NSA ist, zu schützen, hil­ft auch schon weiter.

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Was der Kernkritikpunkt an Norbert Lammerts Dissertation ist

Es war abzuse­hen, dass auch bei den Pla­giatsvor­wür­fen gegen die Dok­torar­beit von Bun­destagspräsi­dent Nor­bert Lam­mert irgend­wann Nebelk­erzen gewor­den wer­den. Es ist beze­ich­nend, dass sich der sich selb­st Qual­ität­sjour­nal­is­mus dafür hergibt.

Das Schwierige an der Vertei­di­gung der Pro­mo­tion gegen die Vor­würfe sind diese selb­st. Wie laut­en sie? Im Kern: Lam­mert gibt fremde Rezep­tion­sleis­tun­gen, d.h. die Wieder­gaben gele­sen­er Lit­er­atur, als eigene aus. Kann das nachgewiesen wer­den, sehe ich nicht, wie eine der­ar­tige Promi­tion gehal­ten wer­den kann.

Nun hat Nor­bert Lam­mert gemäß den Vor­wür­fen keine wortwörtlichen Pla­giate began­gen [Kor­rek­tur, 14.00 Uhr: Auch das wird ihm vorge­wor­den, s. S. 100 der Dis­ser­ta­tion]. Auch das Auf­tauchen nahezu iden­tis­ch­er Ver­weise allein ist kein Pla­giat. Die Vor­würfe konzen­tri­eren sich aber spezieller darauf, dass an vie­len Stellen mit anderen Arbeit­en inhalts­gle­iche Analy­sen angestellt wer­den, bei denen inhalts­gle­iche und fehler­gle­iche Fußnoten nahele­gen, dass die dor­ti­gen Angaben und Analy­sen ungeprüft und ohne wis­senschaftliche Eigen­leis­tung über­nom­men wurden. 

Es geht nicht um in den 70er Jahren unter­schiedliche Zitiergepflo­gen­heit­en oder unzure­ichende Einzel­fußnotenkennze­ich­nun­gen, wie die ZEIT seinen Lesern weiß­machen will.

Auch bei der FAZ klingt der Nebelk­erzenar­tikel zu Lam­mert merkwürdig:

Wenig spricht dafür, dass es sich bei Lam­merts Dok­torar­beit um Pla­giate handelt.

Es reicht ja, wenn irgen­det­was stich­haltig dafür spricht. Aber es wird noch skuriler:

Wenn es nach dem derzeit­i­gen Ken­nt­nis­stand einen kri­tis­chen Ein­wand gegen diese Dis­ser­ta­tion vorzubrin­gen gäbe, dann wäre es die Fall­studie am eige­nen CDU-Kreisver­band, über dessen Entschei­dung­sprozesse der Autor nicht nur mehr wusste als andere, son­dern an dessen Entschei­dun­gen er auch selb­st beteiligt war. 

Und was ist mit dem Kern­vor­wurf, den die Autorin des Artikels nicht ein­mal the­ma­tisiert? Ist der über­haupt zur Ken­nt­nis genom­men worden?

Den Vogel schießt allerd­ings Dagob­ert Ernst bei der WAZ ab, der den Lam­mert-Kri­tik­er ein­fach mal mit dem NSA-Skan­dal gle­ich­set­zt, und so einen Täter­tausch herbeizaubert:

Auch Pla­giate-Jagd kann zu ein­er Form der Bespitzelung wer­den. Nur dass “Big Broth­er” hier in jedem steckt, der dabei mitmischt.

Bedenkenswert, auch wenn der Zusam­men­hang zur Diskus­sion um Nor­bert Lam­merts Dis­ser­ta­tion nicht klar ist, ist, was Joachim Huber schreibt:

irgend­wann hat es der Dok­toren­stand geschafft, den Nicht- Dok­toren einzure­den, dass der Herr Dok­tor und die Frau Dok­torin etwas Besseres sind. Feingeis­ter, Feinzün­gler, feine Men­schen halt. Poli­tik­er und Dok­tor, diese Kom­bi­na­tion galt bald als unschlag­bar. Deswe­gen diese tiefe Sehn­sucht in den Rei­hen der Kon­ser­v­a­tiv­en und der Lib­eralen nach dem „Dr.“ auf dem Wahlplakat.

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Holdendämmerung

Ach komm, beten, hörnse mir damit auf. Da kann meine Holde nicht genug von kriegen. Also, stellen Sie sich mal vor, Sie fahren mit dem Bus zum Zah­narzt und nutzen dort bevor Sie drankom­men die Örtlichkeit samt Klolek­türe. Zu wem hat da meine Holde schon alles gebetet, bevor der Arzt zu bohren anfängt?

Na, erst Mal zu Bla­sius von Sebaste wegen den Zahn­schmerzen, dann zu Vik­to­ria von Cór­do­ba, dass das Wet­ter gut ist, wenn man schon mal raus muss, zu Eligius für das Bezahlen der Fahrkarte, zu Fiacrius für’s Bus­fahren, zu Katha­ri­na von Alexan­dria, dass die Schüler im Bus nicht so ner­ven, zu Apol­lo­nia für die Zah­närzte, zu Kamil­lus von Lel­lis für die Zah­narzthelferin, zu Stephanus für die Prax­is, zu Julius I. für die Klofrau, zu Niko­laus für die Schif­fer, zu Franz von Sales für den Redak­teur der Klolek­türe, zu Bar­bara wegen der Kanal­i­sa­tion, zu Petrus, dass die Tür wieder aufge­ht, zu Joseph für den Behand­lungsstuhl und zu Bar­bara von Nikome­di­en für den Fall — Sie wis­sen schon — eines gewalt­samen Todes. Da ist die Rück­fahrt noch gar nicht mit drin.

Ich sage Ihnen, da ist aber mon­tag­mor­gens Kirmes am Früh­stück­stisch der Heili­gen, wenn meine Holde den Den­tis­ten auf­sucht. Möchte ja nur zu gerne wis­sen, wenn die anrufen, dass das mal ein Ende findet,

ihr Philibb

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Molto non bene

Manch­mal kommst du hin­ter die Frauen auch nicht hin­ter. Da sitzen wir gemütlich beim Nach­barn zum Geburt­stags­feiern in großer Runde und seine Frau spielt sich halt gast­ge­berisch etwas auf — soll sie doch. Mein­er Hold­en miss­fällt sowas immer gle­ich, sie mag’s leise geord­net, nicht über die Strenge schla­gend, bedacht — sie wis­sen schon: spießig halt.

Nur geht mir sowas immer am Aller­w­ertesten vor­bei, was die Hüh­n­er da begack­ern. Mir klagte mein Nach­bar das Leid mit seinen Toskana-Ter­rassen­fliesenfu­gen. Die Fliesen sind erst vor 2 Jahren neu ver­legt wor­den, bei dem Regen wären die aber irgend­wie auseinan­der gegan­gen. Er wüsste gar nicht warum, ob’s am Regen läge? Oder an den Fliesen?

Ich meinte dann, sicher­lich etwas auftrumpfend, Nee, nix Regen, der Fugenspach­tel sieht allo­plas­tisch aus, dein Fugen­meis­ter hat da wohl krudes Zeugs verfugt.

Meine Holde war schon den ganzen Abend fuch­sig auf die Haush­er­rin, manch­mal kön­nen sich Frauen ja nicht so riechen. Da baut sich dann sowas von eine Abnei­gung auf, das kriegt man manch­mal gar nicht mit. Ver­standen hat meine Holde aus mein­er Äußerung wohl, dass ich nicht der Fugenspach­tel siehr allo­plas­tisch aus, son­dern mich auf die Seite der Nach­barin geschla­gen und gesagt hätte, seine alte Schachtel sähe phan­tastisch aus und dampft ab — ohne irgen­dein weit­eres Wort mit mir zu wechseln.

Solche Kindereien muss sie dann aber echt mit sich selb­st aus­machen. Mit dem Nach­barn musste ich eh noch die Spiel­regeln unseres Kick­tipp­spiels aus­machen, schließlich startet heute die Bun­desli­ga wieder. Da braucht man Ner­ven für,

ihr Philibb

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Neu im Bücherschrank(43): Stephenie Meyer — Biss zum Morgengrauen

bisszummorgengrauen

Ein roman­tis­ch­er Back­fis­chvam­pirschinken
und die Frage: Kann man denn über­haupt etwas spon­sern (was unser Ibbtown-Aufk­le­ber nahelegt), wofür man kein Geld aus­gegeben hat?

Kommt wohl darauf an, was man unter dem Begriff Spon­sor­ing genau verte­ht. So wichtig ist das wohl nicht, Haupt­sage jemand find­et hier­mit seinen Lesespaß.

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Leserin fühlt sich von IVZ eingeschüchtert

POPCORN! Eine Face­book-Nutzerin hat einen Artikel der IVZ auf der Seite der Face­book-Gruppe Ich komme aus Ibben­büren und erin­nere mich noch an veröf­fentlicht. Und dann geschah ange­blich Fol­gen­des: Die Nutzerin

bekam heute nach­mit­tag einen Anruf von der IVZ, die mich auf­forderte einiger mein­er Posts zu löschen, da son­st die IVZ rechtliche Schritte gegen mich ein­leit­en würde. Weit­er­hin ver­suchte man mich einzuschüchtern, in dem man mir Details von meinem Face­book-Pro­fil vor­las: Wahrschein­lich um mir zu sug­gerieren, dass man alles über meine Per­son weiß.

Außer­dem dro­hte man den IVZ-Online-Account mein­er Mut­ter zu sperren.

Oh, Sip­pen­haft. Das wird ja immer bess­er. Wer war denn der Anrufer?

die Tele­fon­num­mer stand im Dis­play und habe auch den Namen der Per­son (priv. Nachricht), möchte diesen aber hier nicht nen­nen. Jedoch arbeit­et diese Per­son defin­i­tiv in ein­er lei­t­en­den Stelle beim Mar­ket­ing in der IVZ

Per­so­n­en, auf die die Per­so­n­enbeschrei­bung zutrifft: Eine.

Nun ist es sicher­lich so, dass die uner­laubte Über­nahme eines Artikels in größerem Aus­maß eine Rechtsver­let­zung gegenüber dem­jeni­gen darstellt, der die Veröf­fentlichungsrechte hat. In solchen Fällen klopft dann gerne auch mal die VG Wort an, nicht der betrof­fene Ver­lag. Schwieriger sähe es aus, wenn ein Ver­lag die Anreißer­bild­chen, die mit Fotos verse­hen sind, ver­bi­eten wollte. Z.B die IVZ bietet es unter den Artikeln ja ger­ade an, dass man die Artikel auf Face­book teilt.

Dass die IVZ den Inhalt solch­er ange­blich­er Dro­hun­gen umset­zt, würde ich aber mal in Zweifel ziehen: Es muss ja nur ein­er deswe­gen sein Abo kündi­gen und schon wären die mit sowas im Minus.

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Die kleine Kneipe in unserer Straße

… eignet sich für IVZ-Geschäfts­führer Klaus Rieping offen­bar bess­er, um Kri­tik an sein­er Zeitung zu äußern und darauf zu antworten. Und damit entschuldigen Sie bitte, dass ich mich so spät erst melde, ich musste noch eben in den Keller an meine strate­gis­chen Pop­corn-Vor­räte. Das hät­ten die damals dem Jasper mal vorschla­gen sollen: Sich in der Kneipe tre­f­fen, statt in der Öffentlichkeit den Dok­tor zu palavern.

Es war also zu erwarten, dass die IVZ irgend­wie auf die Kri­tik von gestern reagiert. Sie tun es in Per­son des Geschäfts­führers inner­halb der Face­book-Gruppe und wiegeln ab. Man habe

die Face­book-Autorin tele­fonisch gebeten, diesen Beitrag zu löschen. Fern­er haben wir sie darauf hingewiesen, dass wir im Wieder­hol­ungs­fall den Zugang der Quelle sper­ren wer­den. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Man hat dem­nach wohl nicht mit rechtlichen Schrit­ten gedro­ht und nicht Details aus dem Face­book-Pro­fil der Angerufe­nen vorge­le­sen. Das kön­nte dann bes­timmt der­jenige bezeu­gen, der das Gespräch neben der Angerufe­nen mit­ge­hört hat.

Des weit­eren:

Die IVZ und unsere Mar­ket­inglei­t­erin Christi­na Hüsken hat sich zu kein­er Zeit so ver­hal­ten, wie es ihr / uns im Kopf dieses Forums unter­stellt wird. Wir haben mit dem schlicht­esten Mit­tel geant­wortet, dass uns zur Ver­fü­gung ste­ht: Dem per­sön­lichen Gespräch!

Wir kön­nen auch anders, Fre­unde der Nacht! Man hätte z.B. die VG Wort ein­schal­ten kön­nen, um Schadenser­satz für den kopierten Artikel einzu­fordern. Und außer­dem:

von der IVZ ist bis zum heuti­gen Tag noch nie­mand “abgemah­nt” worden!

Naja, wenn die Angerufene sich nicht das ganze Tele­fonat einge­bildet haben sollte, dann kommt der eingeräumte Inhalt ein­er Abmah­nung doch sehr nahe:

Eine Abmah­nung (umgangssprach­lich auch Abmahn­schreiben) ist die for­male Auf­forderung ein­er Per­son an eine andere Per­son, eine bes­timmte Hand­lung oder ein bes­timmtes Ver­hal­ten zu unter­lassen. […] Die Abmah­nung im Gewerblichen Rechtss­chutz und Urhe­ber­recht muss eine Schilderung des bean­stande­ten Sachver­halts, einen damit ver­bun­de­nen Hin­weis auf einen Rechtsver­stoß, eine Auf­forderung zur Unter­las­sung inner­halb angemessen­er Frist und die Andro­hung rechtlich­er Schritte enthalten. 

Die Diskus­sion in der Gruppe ist inzwis­chen ein Kampf um Deu­tungs- und Rede­ho­heit. Es wirkt sicher­lich etwas merk­würdig, dass die IVZ bei einem von Weni­gen und inzwis­chen im Face­book-Strom unterge­gan­genen Ein­trag gle­ich zum Tele­fon­hör­er greift, während man Artikelüber­nah­men auf Seit­en von Parteien, Poli­tik­ern und Sportvere­inen seit langem duldet. Es liegt aber in ihrem Ermessen, so zu verfahren.

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Konzert: Christian Steiffen, 9.8.2013, Damme

Es ist schon etwas her, dass ich in Damme gewe­sen bin. Es muss so Mitte-Ende der 90er gewe­sen sein. Damals fan­den dort die schulis­chen Tage religiös­er Ori­en­tierung, eine für viele eher alko­holisierte Selb­stfind­ung, statt. Außer­dem ist Damme ja für seine Karnevalsver­anstal­tung bekan­nt, aber deswe­gen bin ich dort nie hinge­fahren. Als ich hörte, dass Chris­t­ian Steif­f­en dort auftritt, dann sah, dass der Ein­tritt bei 5€ liegt, war das Hin­fahren eine aus­gemachte Sache.

Allerd­ings war die Hin­fahrt schon ein­stim­mend, denn die Wegbeschrei­bung der Rah­men­ver­anstal­tung “Kun­st hält Hof” ging etwa so: Bis zur Hufeisen­straße, dann noch einige hun­dert Meter und Kur­ven. Kein Ori­en­tierungspunkt, keine weit­ere Rich­tung, nüscht. Einige hun­dert Meter über Kur­ven hin­weg inmit­ten von unun­ter­schei­d­baren Wiesen und Feldern. Man hätte auch Han­nover so ausweisen kön­nen. Ich bog ein­fach am Ende der Straße links ab und fand auf gut Glück eine Rei­he abgestell­ter Autos. Das kon­nte in Damme an einem Fre­itag­som­mer­abend wohl nichts anderes sein.

Sicher­heit­shal­ber fragten wir am Ein­gang ein­er Sche­une, ob hier die Musik spiele. Man lachte, stem­pelte unsere Handge­lenke und wir manövri­erten uns über den Bauern­hof zu ein­er Men­schenansamm­lung, ja, wie soll ich sagen — 

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Ken­nen Sie so Tatorte oder alte TKKG-Fol­gen, bei denen eine Garten­par­ty kun­staffin­er Bil­dungs­bürg­er einge­baut wird, und man das Gefühl hat, für passend viele Kom­parsen war wohl kein Geld da? Ich dachte ja, solche Par­tys seien reine Erfind­un­gen für’s Fernse­hen. So eine Par­ty war das. Das dies ein großar­tiger Abend wer­den würde, stand schon jet­zt fest. 

Vor mir stand ein junger Mann mit Kam­er­aumge­hänge. Das musste die Lokal­presse sein. Ich fragte ihn ger­ader­aus, ob er von der NOZ mir erk­lären kön­nte, wieso hier nicht so viel Pub­likum sei. Das war schon mal ein Tief­schlag. Er kam gar nicht von der NOZ. Er kam von der OV, der Old­en­burg­er Volkzeitung, der Zeitung für’s Old­en­burg­er Mün­ster­land. Und erk­lären durfte dann ich ihm, wer Chris­t­ian Steif­f­en ist, dass er OB-Kan­di­dat in Osnabrück sei, dass zwei Filme mit sein­er Musik im Herb­st starteten, dass hin­ter uns ein Regis­seur stünde, der gle­ich für ein Musikvideo mitfilmte. 

Viel weit­er kamen wir gar nicht, denn der Gast­ge­ber schwang sich auf die Bühne, meinte, reden könne er gar nicht, und stellte dann die einzel­nen Kün­stler und ihre Kun­st­form vor, und wo man hier auf dem Bauern­hof ihre aus­gestell­ten Werke find­en könne. Gegen die Sit­u­a­tion­skomik des Ländlichen hat man, wenn man zuhört, dann auch keine Chance mehr:

Ja, die X macht dies und das und sie hängt dort in der hin­teren alten Sche­une an der Wand mit den Schweinen.

Spätestens jet­zt hätte es mich nicht mehr ver­wun­dert, wenn Inga Lürsen um die Ecke genörgelt wäre. Stattdessen kam der­jenige, auf den die meis­ten gewartet hat­te, mit Bar­ca­di-Cola aus­ges­tat­tet auf die Bühne

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und hat­te sein Pub­likum, das sich um die Bühne ver­sam­melt hat­te, und nach direk­ter Ansprache auch die sitzenge­bliebe­nen Prov­inzkun­stin­ter­essierten, voll im Griff: 

Chris­t­ian Steif­f­en ist ein Geschenk für Osnabrück. 

Für’s Umland natür­lich auch. Die Schlager­par­o­die mit maf­fayschen Anklän­gen ist ein­er­seits die gewählte und inzwis­chen schon fast gelebte Aus­drucks­form des Kün­stlers Hardy Schwet­ter. Hinzu kommt allerd­ings auch die Per­sön­lichkeit Schwet­ters, der unge­mein char­mant und diszi­plin­iert auftritt, d.h. nie aus sein­er Rolle fällt, und trotz der zur Schau gestell­ten Selb­stver­liebtheit der Fig­ur Chris­t­ian Steif­f­en nie ver­birgt, wie aus­nahm­s­los respek­tvoll und höflich er seine Umge­bung behandelt.

Was ich damit meine, sieht man am besten in einem Video, das während des Kirchen­t­ages aufgeze­ich­net wurde: Darin trollt Schwet­ter als Elvis-Par­o­die durch die belebte Osnabrück­er Innen­stadt. Als ein klein­er Junge ihn anhält und wiss­be­gierig fragt, wer denn Elvis über­haupt sei, geht Schwet­ter gle­ich auf Augen­höhe zum Jun­gen in die Knie, nimmt die große, bunte Brille ab und ver­sucht ohne den Akzent der eigentlich gespiel­ten Fig­ur in ein­fachen Worten die Frage passend zu beant­worten. Ein richtig großer Moment.

Eine Stunde lang verza­ubert Chris­t­ian Steif­f­en an diesem Abend die über­rascht­en Kun­stin­ter­essen­ten und ver­sorgt gle­ichzeit­ig die Bloßkonz­ert­teil­nehmer teils mit Par­tys­paß und Par­ty­bal­sam, denn es find­en sich auch einge­fleis­chte Schlager­lieb­haber am Büh­nen­rand. Chris­t­ian Steif­f­en ist eben ein­er für alle. Oder um es mit seinen Worten zu sagen: Ich für Uns.

[ Chris­t­ian Steif­f­en und das Orig­i­nal Hase­land-Orch­ester, aktuelle Tour: “Ich komme!”, auf der Ver­anstal­tung “Kun­st hält Hof”, Damme, 9. August 2013, etwa 160 Zuschauer ] 

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Ich sehe was, was du nicht siehst

Am Fre­itag ver­meldete die IVZ auf ihrer Inter­net­seite, dass am Torf­moorsee wieder Kanadagänse gesichtet wor­den wären. Jemand habe die IVZ angerufen, woraufhin man zum See gefahren sei und 37 Tiere gese­hen habe. Man habe Fotos aufgenommen.

Um 13.16 Uhr fragt der erste Leser online, wo die Tiere denn seien. Um 14.41 Uhr sagt ein Leser, er sei ger­ade beim Torf­moorsee gewe­sen, allerd­ings habe er keine Kanadagänse gese­hen. Daraufhin meldet sich “Die Redak­tion” um 14.49 Uhr und schreibt, dass die Gänse möglicher­weise weit­erge­zo­gen sind. Jeden­falls seien am Don­ner­stag gegen 17 Uhr Kanadagänse auf dem Torf­moorsee gesichtet worden.

Dazu gibt es einen Face­book-Ein­trag der IVZ von Fre­itag um kurz nach 10 Uhr, der zu allererst ein Bild veröf­fentlicht, das Kanadagänse zeigen soll, die am Don­ner­stag auf dem Torf­moorsee gesichtet wor­den wären. Ein Vide­ofilmer der IVZ ist am Don­ner­stag um 18.31 Uhr am Torf­moorsee, kann aber keine Kanadagänse sehen.

Tier­schützer Roland Adam macht sich am Fre­itag um 10.51 Uhr auf den Weg zum Torf­moorsee, bezweifelt allerd­ings nach sein­er Rück­kehr um 12.46 Uhr, dass über­haupt Kanadagänse am Torf­moorsee gewe­sen seien. Ger­ade habe er vor Ort keine Kanadagänse ent­deck­en kön­nen. Die IVZ antwortet süffisant:

Geschätzter Herr Adam, das Foto — und es wur­den gestern noch mehr gemacht — belegt nun ein­deutig, dass am Don­ner­stag gegen 17 Uhr Kanadagänse auf dem Torf­moorsee schwammen. Darüber hin­aus hat die Kam­era entsprechend Datum und Uhrzeit zu den Bildern aufgeze­ich­net. Dafür, dass Sie nie­man­den gefun­den haben, der die Gänse eben­falls gese­hen hat, kön­nen wir wirk­lich nichts. Es gibt entsprechend keinen Grund, die Angaben und Auf­nah­men unseres Fotografen anzuzweifeln. Bedenken Sie bitte auch, dass Gänse dank ihrer Flügel prob­lem­los in der Lage sind, ihren Stan­dort spon­tan zu wech­seln. Möglicher­weise war unser Fotograf ein­fach nur zur richti­gen Zeit am richti­gen Ort auf­grund des Leser­hin­weis­es und die Gänse sind inzwis­chen weitergezogen…

Was man bei der IVZ zu diesem Zeit­punkt noch nicht weiß: Roland Adam war auch am Don­ner­stag zur betr­e­f­fend­en Zeit am Torf­moorsee. Kanadagänse hat er nicht gese­hen. Auch Daniel Donath war da — ohne Kanadagänse gese­hen zu haben. Sie haben mit dem WDR einen Film über die Kon­tro­verse mit den Kanadagänsen gemacht und hiel­ten deswe­gen am Torf­moorsee Auss­chau nach Kanadagänsen. Auch in diesem Film sind keine Kanadagänse zu sehen und auch beim WDR meint man offen­bar, dass sich am Don­ner­sta­gnach­mit­tag keine Kanadagänse am Torf­moorsee befan­den. Auf Anfrage schreibt Vogel­ex­perte Roland Adam, dass er es für undenkbar halte, dass er einen so großen Schwarm oder gar dessen Abflug überse­hen haben könnte.

Zu dieser Kri­tik kein Wort der IVZ. Es gibt auch keine Reak­tion auf die Fre­itag um 13:59 Uhr gestellte Anfrage Adams nach einem Foto der 30–40 Kanadagänsen. Am Sam­stag berichtet man in der gedruck­ten Aus­gabe über die ange­blichen Kanadagänse am Torf­moorsee und fragt, was mit ihnen passieren soll. Man schreibt von Pas­san­ten, die am Fre­itag keine Kanadagänse vor Ort gese­hen haben — keine Rede davon, dass am Don­ner­stag wed­er der Vide­ofilmer im eige­nen Haus noch Pas­san­ten zur besagten Zeit Kanadagänse am Torf­moorsee gese­hen haben. Man druckt lediglich das um ein Fer­n­glas aufge­motzte Foto, das auf Face­book veröf­fentlicht wurde.

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