Tja, scheinbar ist er kurz nach einer Anfrage der WN doch fertig: Dieter Jasper, der dreisteste unter den akademischen Schönfärbern im Bundestag (Süddeutsche Zeitung) tritt bei der kommenden Wahl nicht mehr für die CDU als Bundestagskandidat an. Und für eine halbherzige Dolchstoßlegende sorgt er selbst: Der politische Gegner will ihm nicht verzeihen:
Es gibt viele Gründe. Der entscheidende ist, dass ich befürchten muss, dass im Wahlkampf mein Fehler mit dem Doktor-Titel die Sachthemen dominiert. Und ich muss befürchten, dass der politische Gegner diesen Fehler ausschlachten wird. Das möchte ich mir und insbesondere meiner Familie nicht antun. Die Familie steht bei mir an erster Stelle.
Gut, dass die Wahrheit nicht an erster Stelle steht, konnte man hinlänglich bei Jasper feststellen. Wie schon bei der Plagiatsaffäre von Guttenberg sieht Jasper den schwarzen Peter vorrangig bei der Opposition. Und in der CDU jedenfalls ist man bereit, auf diesen Zug aufzuspringen:
Christoph Borgert (Vorsitzender CDU Ibbenbüren): „Ich respektiere diese Entscheidung. Ich glaube, der Wahlkampf wäre eine große Belastung gewesen, es wäre wieder auf alten Themen rumgeritten worden.“
Rainer Droppelmann (CDU Hörstel): „Dieter Jasper hat gute Arbeit gemacht, er hätte es sicherlich verdient, nochmal anzutreten. Auch sein Fehler hat sich eigentlich längst erledigt. Aber die Chancen auf eine Wiederwahl bei diesen Voraussetzungen sind schwierig.“
Tja, eigentlich hat sich Jaspers Fehler, das alte Thema erkaufter Doktorgrad längst erledigt. Und uneigentlich stand immer im Raum, dass Jasper öffentlich nie den Weg zur Warheit bei diesem Thema fand. Aber in der CDU wird das Recht auf Aussitzen — zumindest in ihren öffentlichen Äußerungen — höher als die Wahrheit gewertet.
Denn alles andere als die Wahrheit ist, was Jasper der IVZ als letztes öffentliches, inhaltliches Statement zu seiner Doktor-Affäre gesagt hat:
Die Überprüfung [eines von ihm beauftragten Anwaltsbüros] hat ergeben, dass der an der Freien Universität Teufen erlangte Doktorgrad aufgrund des ‚Deutsch-Schweizerischen Abkommens über die Gleichwertigkeit im Hochschulbereich‘ in Deutschland nicht anerkannt wird.
Das ist blanker Unsinn. Hier wird von einem in der Schweiz rechtmäßigen Doktorgrad gesprochen, der lächerliche Versuch, die Angelegenheit wie einen Verfahrensfehler aussehen zu lassen. Und ab da wurde das Thema von Jasper, den seine Bundestagsfraktion links liegen ließ, nur noch ausgesessen. Diese Falschdarstellung wurde nie zurückgenommen.
Dieter Jasper hätte bei der kommenden, für die CDU schwierigen Bundestagswahl nichts mehr reißen können, weil er das benötigte Vertrauen in seiner Partei sowie beim beim Wähler verzockt hat. Der Rückzug zeigt aber das Gute der ganzen Angelegenheit: Das Aussitzen von Unwahrheiten funktioniert im politischen Bereich nicht mehr so einfach wie früher.