Die Blödzeitung zum Tötungsdelikt in Ibbenbüren

Man kann darauf ver­trauen, dass bei allen Greueltat­en die “Blödzeitung” (Man­fred Krug) irgend­wann auf dem Tep­pich ste­ht. So auch gestern, als in derem Auf­trag Andreas Wegen­er nach Ibben­büren kam, um irgend­was über das Tötungs­de­likt in Ibben­büren zu schreiben. Seine Forschungsergeb­nisse reichen nicht weit­er, als dass er die Berufe der Beteiligten ken­nt, deren Ver­mö­gensver­hält­nisse dem Hören­sagen nach, und dass der Täter seinen Hund zum Nach­barn gebracht hat. Dass der lokale Radiosender berichtet, der Täter habe “Tötung auf Ver­lan­gen” angegeben, ent­ge­ht dem Schreiber­ling. Dies bebildert er mit Fotos, die er sich selb­st zuschreibt, von denen er tat­säch­lich aber 2 von 3 von Face­book geklaut hat. Eine solche Urhe­ber­rechtsver­let­zung ist bei der Blödzeitung nichts neues.

Dies lehrt ein­er­seits, dass man vor­sichtig sein sollte mit den Fotos, die man ins Inter­net stellt, oder das man ander­er­seits nur solche Fotos ins Netz stellt, die einem selb­st genehm sind. Ich für meinen Teil habe diverse Fotos online, zu denen mir Leute sagen, ich sehe gar nicht so aus. Gut so!
Ander­er­seits ist die Blödzeitung vielle­icht inzwis­chen weniger rabi­at, wenn sie wenig Skan­dalös­es in Erfahrung bringt.

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Aber wir haben nicht viel getrunken

Der Artikel, der auf ivz-online.de zum Tötungs­de­likt in Ibben­büren zeit­nah erschienen ist, ist akzept­abel: Gut, die Straße und die oft gezeigte Haus­num­mer sind Infor­ma­tio­nen, die keinen Nachricht­en­wert haben, son­dern nur der Infor­ma­tion­s­gi­er von Schaulusti­gen dien­lich ist. Aber anson­sten ist er angemessen sachlich.

Zu sach­lich, meinte man wohl in der IVZ, und machte aus diesem Artikel für die Print­aus­gabe eine reißerische Geschichte, die so gar nichts mehr mit ser­iös­er Berichter­stat­tung zu tun hat:

Es ste­ht ein Streifen­wa­gen am Bürg­er­steig. Vor einem Ein­fam­i­lien­haus, schmuck und weiß. Der Wagen ist aus, ein Polizist ste­ht in der Tür. Ein paar Meter weit­er an der Ecke parkt Polizeiau­to Num­mer zwei. […] Das Haus am Kirch­enesch, es ist ein Tatort. Hier ist am Dien­stag — irgend­wann früh mor­gens — eine Frau gestor­ben. Ihr Mann hat sie erschossen.

Das ist nicht die Sprache, in der ser­iöse Berichter­stat­tung for­muliert wird, das ist die Sprache von bil­lig­ster Krim­i­nalun­ter­hal­tung. Wer immer in diesem Dra­ma die Chance gese­hen hat, seinem Hob­byschrift­steller­tum zu frö­nen, er lag beein­druck­end daneben: Es wer­den Dinge beschrieben, die in Bezug auf die eigentlichen Sach­lage vol­lkom­men neben­säh­lich und nicht-berichter­stat­tenswert sind: Die Anzahl der Streifen­wa­gen, der Ort, wo sie geparkt wer­den, der Aufen­thalt­sort eines Polizeibeamten, der Straßen­name, die über­flüs­sig vage Zei­tangabe, kurzum: Die gesamte über­flüs­sige Drama­tisierung des Geschehens.

Nach diesen Sätzen kommt der ursprüngliche Text wieder durch, aber dann wird wieder zur Effek­thascherei gegrif­f­en, die angesichts dessen, worüber geschrieben wird, geschmack­los ver­fehlt ist:

Gesicherte Tat­sache ist: Die Waffe war legal im Haus, der Mann war — wie auch seine Frau — als Jäger aktiv. Gefall­en ist ein Schuss. […] “Ich bin kom­plett über­rascht”, sagt ein Nach­bar. Er unter­hält sich mit einem älteren Kol­le­gen aus der Fast­nacht Poststraße/Kirchenesch. “Er war gestern noch bei mir zu Hause”, erzählt ein­er der bei­den. Sie saßen bei Fed­er­weißem und Bier (“aber wir haben nicht viel getrunk­en!”) zusam­men und haben ein Bossel­turnier vorbereitet.

Man kön­nte lachen über eine der­ar­tige Ver­fehlung, wenn der Kon­text nicht so bit­ter wäre. Um es klar zu sagen: Der drama­tisierte Nach­barschaft­stratsch ist in dieser Form ist so geist- wie pietät­los. Die Zitate umfassen unge­fähr die Hälfte der der­art auf­tauchen­den Sätze.

Es ste­ht ein einziger Satz in diesem Artikel, der sach­lich wirk­lich etwas erklärt:

Noch ist unklar, welch­es Dra­ma sich zwis­chen der 49-jähri­gen Ärztin und ihrem Mann, einem 52-jähri­gen Kauf­mann abge­spielt hat.

Der Satz hätte als Berichter­stat­tung auch aus­gere­icht. Nicht mal das Foto hätte es gebraucht. Aber damit kriegt man eben keine halbe Seite voll. Dafür braucht man Phantasie.

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