Über Geschmack streiten

Es gibt unter Philosophen Leute, die sich der Sprach­philoso­phie ver­schrieben haben und dem­nach auf kor­rek­te Ver­wen­dung von Worten pochen. Ich halte sowas ja für über­trieben, wegen mir darf jed­er Sprache so ver­wen­den, wie er will, solange er sich einiger­maßen deut­lich aus­drückt und nicht wider­spricht. Aber ich befürchte, so ein klein­er Sprach­philosoph steckt in jedem. 

Warum ich sowas ger­ade schreibe? Die IFI befasst sich ger­ade mit der Ästhetik der Bau­ru­ine am Unteren Markt und zitiert in diesem Zusam­men­hang Stadt­bau­rat Robert Stadler mit den Worten, über Geschmack ließe sich nicht stre­it­en. Die IFI sieht hierin den Ausweis Stadlers, der erwarteten Hässlichkeit des Baus hil­f­los gegenüber zu stehen.

Immer­hin ist Stadlers Ausspruch ein Zitat von Kant. Jeden­falls hat sich Kant in der Kri­tik der Urteil­skraft damit beschäftigt. Man könne über Geschmack nicht dis­putieren, da in Sachen der Ästhetik keine begrif­fliche Objek­tiv­ität erlängt wer­den kann, aber man könne über Geschmack stre­it­en. Das aber nur in Hin­sicht auf die Hoff­nung der Verständigung. 

Stadler muss nun diesen Ausspruch entwed­er als Floskel meinen, oder als “über Geschmack lässt sich nicht dis­putieren” oder als Stre­it­en in der Hoff­nung auf eine Verständigung.

Ich tippe in der Tat auf das Mit­tlere: Es soll gesagt wer­den, dass man die Ästhetik des Baus nicht sin­nvoll kri­tisieren kann, weil jed­er einen sub­jek­tiv­en Geschmack hat. Eine Hoff­nung auf Ver­ständi­gung ist da nicht drin. Dem­nach hätte Stadler bess­er gesagt, über Geschmack lasse sich nicht dis­putieren. Aber vielle­icht war es auch nur eine Floskel.

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