Einige deutsche Medien rieben sich in letzter Zeit angesichts des Starts des Fernsehsenders RTdeutsch auf. RTdeutsch ist ein vom russischen Staat finanzierter Sender, der russische Staatspropaganda unter dem Deckmantel einer angeblich nicht offen ausgesprochenen Wahrheit unters Volk bringen will. Auf dieser Mission lud man sich den deutschen Verschwörungstheoretiker Ken Jebsen ins Studio und heraus kam dieses sehenswerte Stück darüber, wie es aussieht, wenn Propaganda auf Verschwörungstheorie trifft:
Wir sehen eine naive Moderatorin, die einen naiven Gedanken (“Sind nicht alle unfair gegenüber Putin?”) vom Verschwörungstheoretiker bestätigt sehen möchte, was dieser rhetorisch gekonnt von Thema zu Thema springend verweigert, weil er so doof nicht ist.
Dazu seien mal zwei Dinge gesagt: Einerseits kenne ich Leute, die ungefiltert russische Propaganda glauben, andererseits Leute, die ungefiltert die Verschwörungstheorien wie der Ken Jebsens glauben. Grund genug, hier mal einen genaueren Blick drauf zu werfen.
Andererseits muss man sich etwas mit den Grundgedanken dieser Angelegenheiten beschäftigen, wenn man sich eine gute Meinung bilden möchte. Sowohl die russische Propaganda als auch die klassische Verschwörungstheorie gehen davon aus, dass Wahrheit nur aus der gerade herrschenden Meinung besteht. Daher erscheint es sinnvoll, eine Alternativmeinung aufzubauschen, die ebenso daneben stehen könnte. Dieses Vorgehen wird dann vermischt mit Sätzen, die durchaus wahr sind, im Sinne von faktisch nachweisbar, und schwupps hat man eine Position eingenommen, von der nicht gesagt werden kann, dass sie gänzlich falsch sei — sie beinhaltet ja richtige Elemente.
Die russische Propaganda soll Zweifel an der Haltung westlicher Staaten schüren, was vielleicht nicht der Sache nach, aber eben der Methodik nach zweifelhaft ist; Verschwörungstheorien sollen das Ego des jeweiligen Verschwörungstheoretikers bauchpinseln — sonst würden Vertreter beider Positionen nicht versuchen, einer Sachanalyse immer aus dem Weg zu gehen. Und so sind beide Ansätze grundsätzlich unredlich: Dass es auf der Welt nur Meinungen und genau genommen keine Wahrheit gibt, wird bei den Positionen vorausgesetzt und am Ende wieder entnommen.
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