Neu im Bücherschrank(30): Bernhard Schlink — Der Vorleser

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Ja, da habe ich so gemeck­ert an der let­zten Büch­er­schranke­in­stel­lung, da kann man ja mal was zumin­d­est etwas besseres ein­stellen: Der Vor­leser von Bern­hard Schlink. Von vie­len wird das Buch für seine genaue Erzählweise und seine anre­gende Geschichte gelobt.

Ich selb­st habe das Buch vor Unzeit­en mal ange­le­sen, aber aufge­hört, dann in den Film reingeschaut und unter dessen Ein­druck ste­he ich noch. Schlinks Geschichte scheint mir in ihrem Kitsch nicht angemessen für die Zeit, in der sie spielt, trifft wed­er einen passenden Ton der Naz­izeit, noch der Auf­bruch­szeit nach dem zweit­en Weltkrieg. Die Haupt­fig­uren bleiben unver­ständlich und fremd.

Vielle­icht dochmal ganz lesen. Ander­er­seits ist dieser Weltbest­seller erstaunlich schnell in Vergessen­heit geraten.

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Neu im Bücherschrank(29): Garbor Steingart — Die gestohlene Demorkatie

Bild Die gestoh­lene Zeit wäre ein besser­er Titel dieser Neuau­flage des doch eher plat­ten Buch­es Die Macht­frage. Die These des zwis­chen­zeitlichen Han­dels­blattchefredak­teurs der Wahlen­thal­tung als poli­tis­chem State­ment taugt, was das Weck­en des the­ma­tis­chen Inter­ess­es bet­rifft, keine 2 Minuten, da Wahlen­thal­tung eher Aus­druck des eige­nen Desin­ter­ess­es oder Resig­nierens ist. Stein­gart erre­icht qual­i­ta­tiv nicht mal die Tiefe ein­er solchen Ein­schätzung, son­dern plap­pert effek­thaschend, aber wenig gebildet vor sich hin.

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Neu im Bücherschrank(28): David Safier — Mieses Karma

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Dass auf solche Schinken “Bestseller”-Aufkleber draufgepappt wird, hat halt nichts mit der Qual­ität, son­dern eher mit den quan­ti­ta­tiv­en Verkauf­szahlen zu tun. 

Vom Sprach­niveau her ist das Werk zwar nicht son­der­lich schlecht, aber gän­zlich unüber­raschend und seicht geschrieben. Man muss nicht nach­denken, wenn man das liest. Wenn man gar die Buchdeck­elbeschrei­bung liest, kann man an jed­er Stelle des Buch­es ein­steigen und weiß nach weni­gen Sekun­den, an welch­er Stelle der Geschichte man sich ger­ade befind­et. Wer’s braucht.

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Wie die IVZ Plagiate einbaut

Ange­blich befür­wortet auch die IVZ das Leis­tungss­chutzrecht für Pres­sev­er­leger, wobei ich nicht weiß, worauf diese Liste beruht. Dazu will nicht ganz passen, wie die IVZ schein­bar online Pla­giate als eigene Qual­ität­sar­beit kennzeichnet.

Gestern brachte die IVZ online diesen Artikel über einen ran­dalieren­den Jugendlichen in der Innen­stadt von Ibben­büren auf ihrer Inter­net­seite, gut platziert im Bilder­wech­sel­rah­men. Unter dem Artikel wird zwar kein Autor angegeben, dafür ist zu lesen

Dieser Beitrag in IVZ-aktuell ist ein Pro­dukt der IVZ-Redaktion.

Falls Sie nun darunter ver­ste­hen, dass irgen­dein Satz in diesem Beitrag von jeman­dem in der IVZ-Redak­tion geschrieben wurde: Pustekuchen. Offen­sichtlich stammt der Text vom Presse­por­tal der Polizei Ste­in­furt und ist hier zu find­en. Dieser Beitrag ist wohl eher ein Pro­dukt von Copy & Paste.

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Neu im Bücherschrank(26): Agatha Christie — Mord im Orient-Express

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Gestern Abend zeigte die ARD zum 10jährigen Jubiläum eine extralange Folge der Lit­er­atursenderei­he Druck­frisch, in der die TopTen der meistverkauftesten Romane besprochen wur­den. Merk­würdi­ger­weise passte die Aufzäh­lung nicht zu der Liste, die man auf Wikipedia find­et. Auch bei Mar­tin Walser ist man jour­nal­is­tisch nicht so genau und ver­frachtet Walsers Tod eines Kri­tik­ers um zwanzig Jahre ins Jahr 1982 und meint, dies sei das erste Mal, dass Walser vor 1998 mit Anti­semitismusvor­wür­fen kon­fron­tiert wäre. Was mich dann auch über­raschte, war, dass Agatha Christies Und dann gabs keine mehr auch unter den TopTen war. Das entspricht zwar dem Grundgedanken der Liste, zeigt aber auch, dass für diese Liste nicht Qual­ität entschei­dend ist.

Wesentlich geläu­figer ist Christies Mord im Ori­ent-Express, das diese Woche den Büch­er­schrank bere­ichert. Eine Ver­fil­mung des Krim­is kann man sich auch auf YouTube anschauen. Die Auflö­sung der Geschichte ist zwar etwas merk­würdig, aber es ist wohl wie so oft bei Christie das Ambi­ente, das die Geschichte ausmacht.

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Vorsicht bei Schockanrufen in russischer Sprache

In Ibben­büren, Ste­in­furt, Ochtrup, Greven und Has­ber­gen kam es in let­zter Zeit zu Schock­an­rufen durch rus­sisch sprechende Betrüger, die über einen erfun­de­nen Unfall informierten, für den eine hohe Summe Geld schnell gezahlt wer­den solle. 

Die Polizei rät: Gehen Sie auf keinen Fall auf solche Forderun­gen ein. Übergeben Sie niemals Geld an Per­so­n­en, die Sie nicht ken­nen. Leg­en Sie ein­fach auf und rufen Sie die Ihnen bekan­nte Tele­fon­num­mer des Ver­wandten an. Ver­ständi­gen Sie sofort über den Notruf „110“ die Polizei. Bitte war­nen Sie auch andere Mit­bürg­er vor diesen Betrügern.

Weit­ere Infor­ma­tio­nen auch in rus­sis­ch­er Sprache erhal­ten Sie bei der Polizeilichen Beratungsstelle „Safe & Co.“ in Rheine, ✆ 05971 / 938‑5917 und unter http://www.polizei-nrw.de/steinfurt.

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700 Gläubiger

Die Hin­ter­grund­in­fos der IVZ sind ja wieder mal unschlagbar:
700glaeubiger

Mal sehen, ob die ihre Kom­mentare lesen, bevor die For­mulierung, die im Text wieder­holt wird, in den Druck geht.

Aktu­al­isierung

Ja, so ist das mit den Gläu­bigern: Man wird sie so schlecht los. Da hat man sie aus dem Online-Text gän­zlich und in der gedruck­ten Aus­gabe aus der Unterzeile ver­trieben, aber im Haupt­text sind sie dort dann wieder:

Rund 700 Gläu­biger waren gekommen. 

Vielle­icht sollte man sie doch ein­fach auszahlen.

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Neu im Bücherschrank(24): Malte Pieper — Wenn der Keks redet, haben die Krümel Pause

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Tja, wer beim Buchti­tel nicht lachen kann, dem wird die weit­ere Lek­türe auch nicht helfen. Warum muss eigentlich immer jed­er gle­ich ein Buch schreiben? Reichen nicht die Pepe-Nietnagel-Filme? 

Okay, einen Buch­trail­er gibt’s auch noch. Denn der Buch­leser von heute schaut ja gerne Videos, bevor er ein Buch aufschlägt:

Dies ist max­i­mal ein Schmök­er für Gle­ichal­trige, wobei mich wun­dern würde, wenn ich sowas in dem Alter inter­es­sant gefun­den hätte. Lustiger geht es ander­srum mit Wenn der Kuchen schweigt, sprechen die Kekse von Lese­büh­ne­nau­tor Uli Han­ne­mann. Die Kuchen-Krümel-Sprüche kamen wohl auch schon im Mün­ster-Tatort vor, genau weiß ich daher nicht, wo der Ursprung dieser Redeweise herkommt.

Wer es gehoben­er mag, der find­et Annemarie Selinkos Desirée im Büch­er­schrank, der inzwis­chen auch wieder voller wirkt. Da zu gibt es auch ein Buch­be­wer­bungsvideo, aber dieser Schmök­er ist dur­chaus lesenswert.

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Der angebliche Markt für Kinderpornographie

Mir hat ein mal ein Richter in Ibben­büren erzählt, er würde die Deu­tung­shoheit, die sein Job mit sich brächte, dur­chaus nutzen, um etwas zu behaupten, wofür er eigentlich nicht genug überzeu­gende Gründe hat. Wer würde denn schon einem Richter wider­sprechen? Etwa so ver­ste­he ich den fol­gen­den Sachver­halt. In der IVZ wird von ein­er Verurteilung eines Mannes zu ein­er Geld­strafe berichtet, der im Besitz so genan­nter kinder­pornographis­ch­er Dateien war. Die Jour­nal­istin hält zudem fest:

Die Staat­san­wältin machte darauf aufmerk­sam, dass Kinder- und Jugend­pornografie nur existiere, weil es einen Markt dafür gibt.

Das ist Unsinn. Aber sagen Sie ein­er Staat­san­wältin, dass sie ger­ade Unsinn redet? 

Mit Markt meint man landläu­fig doch ein wirtschaftlich­es Tauschsys­tem von Geld und Waren. Es wurde schon in der Inter­netsper­ren­de­bat­te von einem Mil­liar­den­markt der Kinder­pornoin­dus­trie gere­det — mit einem Hak­en: Dieser Markt, bei dem mit ökonomis­ch­er Strate­gie kinder­pornographis­ches Mate­r­i­al hergestellt wird, war nir­gends zu find­en.

Man kann den Begriff Markt auch anders ver­ste­hen und nur von einem nichtkom­merziellen Tauschsys­tem sprechen. Dann hätte die Staat­san­wältin gesagt, es gebe Kinder- und Jugend­pornografie nur, weil es dieses Sys­ten gebe. Aber auch dieser Gedanke ist falsch. Es gibt keinen Nach­weis darüber, Kinder­pornogra­phie nur wegen ein­er Nach­frage hergestellt wurde. 

Man sollte sich, wenn man sich für diese Angele­gen­heit inter­essiert, lieber an einen Experten hal­ten. Der Recht­san­walt Udo Vet­ter hat diverse Klien­ten gehabt, bei denen kinder­pornographis­ches Mate­r­i­al gefun­den wurde. Er hält fest:

Kein­er, ich wieder­hole, kein­er der in den let­zten anderthalb Jahren dazu gekomme­nen Man­dan­ten hat auch nur einen Cent für das Mate­r­i­al bezahlt.

Alle, ich wieder­hole, alle haben die Kinder­pornos aus Tauschbörsen, News­groups, Cha­träu­men, Gratis­bere­ichen des Usenet oder aus E‑Mail-Verteil­ern. Manche kriegen es auf DVD, ganz nor­mal mit der Post.

Kein einziger jedoch hat seine Tausch­part­ner bezahlt. Und diese Tausch­part­ner haben auch nichts ver­langt. Selb­stver­ständlich wertet die Polizei in den aller­meis­ten Fällen auch aus, woher die Dateien kamen. Bezahl­seit­en sind nicht darunter. Auch verdächtige Über­weisun­gen etc. wer­den nicht festgestellt.

[…]

Tat­säch­lich ist auch anhand der im Umlauf befind­lichen Dateien unschw­er festzustellen, dass es die Kinder­pornoin­dus­trie nicht gibt. Es gibt einen Grundbe­stand an Mate­r­i­al, mein­er Schätzung nach min­destens 98 %. Hier­bei han­delt es sich um Bilder und Filme, die schon seit vie­len Jahren, ein Großteil davon schon seit Jahrzehn­ten im Umlauf sind.

Sofern neues Mate­r­i­al hinzukommt, sind es Fälle von Miss­brauch im pri­vatem Umfeld, der – Fluch der Dig­i­tal­tech­nik – heute halt nun ein­mal ein­fach­er abzu­bilden ist. Natür­lich gibt es keine näheren Infor­ma­tio­nen zu den Umstän­den, wie solche Auf­nah­men zus­tande kom­men. Allerd­ings machen die meis­ten nicht den Ein­druck, als werde ein Kind miss­braucht, um einen Film zu drehen. Dass die weitaus meis­ten Kinder­pornos häus­lichen, also keinen gewerb­smäßig organ­isierten Miss­brauch wiedergeben, ist auch unschw­er daran zu erken­nen, dass Opfer und Täter sich in den aller­meis­ten Fällen offen­sichtlich kennen. 

Wer behauptet, Kinder­pornogra­phie gebe es nur, weil es einen Markt dafür gibt, ver­schleiert, dass eben ganz andere Gründe zur Her­stel­lung von Kinder­pornogra­phie gewichtiger sind: Prahlerei, Mach­tausübung, ein Doku­men­ta­tion­sin­ter­esse, die Befriedi­gung von Sex­u­al­trieben etc. 

Und irgend­wie legt der­jenige auch nahe, dass Kinder­pornogra­phie woan­ders entste­ht, als dort, wo sie offen­sichtlich entste­ht: In der Pri­vat­sphäre von Kindern, die sich dort bish­er sich­er wäh­n­ten, und mit Per­so­n­en ihres näheren Umfelds.

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