Carolin Emcke befasst sich in ihrem aktuellen Buch mit den aufkeimenden und gediehenen nationalistischen Positionen in Deutschland und darüber hinaus, wobei sie einen Akzent setzen möchte für die Verteidigung von Minderheiten im Lichte des Populismus dieser Zeit. Sie brilliert an den Stellen, an denen sie Positionen als diskriminierend und polemisierend demaskiert, indem sie die Position unaufgeregt entschlüsselt.
Weniger überzeugend ist Emcke allerdings in ihrer Einordnung von Positionen in einen historischen oder wissenschaftlichen Kontext. So bestimmt sie die “Parteilichkeit der Verstandeswaage” aus einer Textstelle aus Kants “Träume eines Geistersehers”, d.i. ein Text vor dessen so genannter kritischen Phase, als “Voreingenommenheit durch die Hoffnung”, wobei es an der betreffenden Stelle im Kantischen Text überhaupt nicht um Hoffnung geht. Um Hoffnung geht es bei Kant in der Religionsphilosophie. So ein Namedropping ist so wenig überzeugend wie beeindruckend.
Und auch wenn andere Stellen in ihrer gewollten Belehrung eher nerven als einnehmen, ist das Buch wegen der Analysefährigkeit der Autorin empfehlenswert.
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Das Buch gibt es derzeit in einer Sonderausgabe bei der Bundeszentrale für politische Bildung für 4,50€.