Faktencheck Politischer Aschermittwoch

Der Poli­tis­che Ascher­mittwoch ist lan­dauf landab beliebt für’s Derbleck­en, wie der Bay­er sagt. Da wird gegröhlt und getrunk­en, auf die Inhalte sollte man da nicht weit­er acht­en. Tun wir’s doch mal, denn wenn der inner Cir­cle der CDU beklagt, man habe keinen intelek­tuellen Kopf, der es mit FDP-Spitzen­mann Chris­t­ian Lind­ner aufnehmen könne, kommt es doch wohl auf Inhalte an oder?

Zunächst spricht Armin Laschet. Wun­der­licher­weise stellt er es im Video so dar, als wür­den 60% der Kindergärten und diverse Kranken­häuser in NRW von den christlichen Kirchen finanziert. Das ist unge­fähr so real­is­tisch, als würde man behaupten, Kneipen wür­den von den Bier­marken finanziert, die auf den Außen­beleuch­tun­gen stün­den. Es ist eher ganz umgekehrt so, dass nur ein Buchteil der finanziellen Mit­tel von Insti­tu­tio­nen, die in der Verbindung zur Kirche ste­hen, von der­sel­ben Kirche finanziell unter­stützt wer­den — wenn über­haupt: Kirch­lich geführte Kranken­häuser wer­den zu 1% von der Kirche finanziert. Man kann sich also, um auf Laschet zu antworten, ganz leicht vorstellen, wie es aussähe, wenn sich die Kirche dort zurück­zöge: Es würde über­haupt nicht auf­fall­en. Ein finanzieller oder sozialer Kol­laps, wie ihn Laschet her­auf­beschwört, ist pure Fiktion. 

Der Rest von Laschet hält, was der Name ver­spricht, es ist lasch:

Wer Bion­ade trinkt, ist heute moralis­ch­er, als der, der Fan­ta trinkt.

Zumin­d­est kon­sum­iert der Bion­ade­trinker ein Pro­dukt aus kon­trol­liert biol­o­gis­chem Anbau und der Fan­ta­trinker nicht. Das würde ich zumin­d­est ver­ant­wor­tungs­be­wußter nen­nen, auch wenn ich lieber Wass­er als Bion­ade trinke. Über die taz-Schlagzeile Gott sei dank zum Rück­tritt des Pap­stes zeigt er sich so erbost, dass er die taz hochhält, bringt aber weniger als Ines Pohl im Text auf der hochge­hal­te­nen Seite:

Ob beim The­ma Frauen, Homo­sex­uelle, Verge­wal­ti­gung, also ins­ge­samt beim The­ma Men­schen­rechte: Reak­tionär­er als dieser Papst kann man sich kaum äußern. Eine gern zitierte Ein­schätzung zu Aids: Die Verteilung von Kon­domen sei nicht die Lösung im Kampf gegen die Immun­schwäche. „Im Gegen­teil, es ver­größert das Prob­lem“, das sagte er auf ein­er Reise nach Kamerun. Auch der Besuch des katholis­chen Kirchenober­hauptes in Luthers Heimat zemen­tierte die Kirchenspal­tung und zer­störte alle Hoff­nun­gen auf eine längst über­fäl­lige Annäherung der bei­den großen christlichen Kirchen. Eine Annäherung, die an der Basis schon lange und über alle Ge- und Ver­bote hin­weg betrieben wird.

Dass sie keine Argu­mente lief­ere, kann man der Chefredak­teurin nun nicht ger­ade vor­w­er­fen. Eine inhaltliche Auseinan­der­set­zung inter­essiert aber in Recke nie­man­den, da kann man die taz ja auch gar nicht kaufen. Zu Scha­van fällt Laschet dann auch noch was ein:

Scha­van hat mehr für die Uni­ver­sitäten dieses Lan­des bewegt, als die Lan­desregierung in den ver­gan­genen Jahren.

Das stimmt natür­lich: Sie hat die Uni­ver­sität­sre­form vergeigt, Exzel­len­zini­tia­tive, Bil­dungs­gipfel, Bun­desuni­ver­sitäten — alles gescheit­ert. Immer­hin hat sie sich als Min­is­terin selb­st durch die Föder­al­is­mus­re­form aus der Bil­dungspoli­tik gekickt. Das nenne ich mal Bewe­gung: Annette Scha­van hat ihr Min­is­teri­um auf das Erteilen von Fördergeldern reduziert. Damit ist es über­flüs­sig, denn die Gelder kön­nen andere Min­is­te­rien genau­so gut verteilen.

Karl-Josef Lau­mann ist nun auch nicht ger­ade sich­er in seinen Inhalten:

Da traue ich in den let­zten Wochen meinen Augen nicht mehr. Die Höhn von den Grü­nen sucht eine Mitar­bei­t­erin. Für vier Euro — dafür kön­nen Sie im Monat eine Sekunde Stein­brück buchen.

Nein, sie suchte jeman­den für einen Prak­tikum­splatz. Sicher­lich sind 4€ in der Stunde nicht ger­ade ein Grund, um in die Luft zu sprin­gen, aber immer­hin auch 4€ mehr als man in der Regel bei der Land­tags­frak­tion der CDU, SPD und Grü­nen im Land­tag NRW erhält.

Aber auf die Pauke hauen, das kann er ja:

Wenn ein Land seine Schulden nicht mehr bezahlen kann, ist kein Geld mehr da, um die Alten zu pflegen.

Hä? Ich dachte, die Kirche zahlt das. *hust*

(Der Aus­ge­wogen­heit hal­ber kön­nte man ja auch mal was über den Poli­tis­chen Ascher­mittwoch der SPD schreiben, aber da war wohl nur Zeit für Durch­hal­teparolen. Und so inhaltlich albern der Reck­er Ascher­mittwoch war, so lang­weilig, wie die SPD es gerne hätte, wird’s nicht gewe­sen sein.)

Aktu­al­isierung
Maz­ztv hat die Reden von Laschet und Lau­mann online gestellt. Dazu:

- Laschet stellt es so dar, als woll­ten die Grü­nen schlicht Fleis­chessen unter­sagen. Dabei ging es nicht um Schnitzel, son­dern um Met­tbrötchen, die antibi­otikare­sistente Keime bein­hal­ten, sprich um Gesundheit.
— Warum ein Katho­lik sich durch die Brüder­le-Stern-Geschichte in seinen religiösen Gefühlen diskri­m­iniert fühlen kann, weiß auch wohl nur Laschet.
— Dass über­all bzgl. sex­ueller Mis­hand­lun­gen von Kon­dern aufgek­lärt würde, wie Laschet meint, sehen Opfer im Bis­tum Mün­ster anders.
— Wenn Sie sich fra­gen, was soll den der Trimet-soll-nicht-nachIn­di­en-Teil bei Laschet: Das mit Indi­en erzählt Laschet nicht immer, Indi­en wird Trimet sel­ber ins Spiel gebracht. Und das nicht nur bezüglich der Stromkosten, nein auch CO²-Emmis­sion­s­ab­gaben sollen Trimet-fre­undlich, nicht umwelt­fre­undlich sein.
— Grün­er Strom ist Ökostrom, Herr Laschet.
— fehler­frei gere­det, nicht zu populitisch

Lau­mann hat starke erste 10 Minuten, die erste Argu­men­ta­tion finde ich sog­ar rund.

  • - aber ein Gut­men­sch ist ja ger­ade das Gegen­teil eines guten Menschen.
  • - die Kuh-Geschichte von Nor­wich Rüße lässt sich in dessen Blog nach­le­sen. Rüße: “Wir kön­nen nicht men­schlich­es Käl­teempfind­en auf Tiere über­tra­gen.” Lau­mann: “Stellt euch mal vor, wie das Kalb gebib­bert hat.” Ich: “Brüller.”
    — Die Forstamt­sposse hat die WN aufgeschrieben und Wikipedia.
    — die Stel­lenauss­chrei­bung von Höhn ist wirk­lich merk­würdig, wenn auch nichts für jeman­den mit Studienabschluss.
    — zum Rauchver­bot: Wie in anderen Län­dern sind auch in Deutsch­land durch das Rauchver­bot Klinikbe­hand­lun­gen auf­grund von Angi­na pec­toris und Myokardin­fark­ten zurück­ge­gan­gen. Das ist keine Ide­olo­gie, das ist Real­ität, Herr Laumann.
    — Oh, Lau­mann macht Sprach­philoso­phie, sehr geil, aber der Begriff Bil­dungs­ferne entstammt der Sozi­olo­gie, nicht den Grünen.
    — ganz gut erk­lären­des Merkel-Por­trait, starke Mit­gliedere­inbeschwörung, Röttgen-Bash­ing statt Befas­sung mit dem hem­menden CDU-Filz.

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    Beschuldigungsfehler bei Abmahnungen

    Nicht ger­ade beruhi­gend ist dieser Beitrag der BR-Sendung quer: Abmah­nung kön­nen auch ins Haus schwirren, wenn sich bei der Find­ung des Inter­net­teil­nehmers über eine IP-Adresse ein Zahlen­dreher eingeschlichen hat. Selb­st kann man das kaum noch nachvol­lziehen, da der­ar­tige Dat­en schnell geöscht wer­den. Glück­lich, wer behaupten kann, nach den eige­nen Doku­men­ta­tio­nen gehöre die entsprechende IP-Adresse zum angegebe­nen Zeit­punkt nicht zu einem selb­st. Damit stünde Aus­sage gegen Aus­sage. Auf den eige­nen Recht­san­walt­skosten säße man dann aber immer noch.

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