Früher, nech, da saßen se bei Volksfesten alle traut beieinander: De Doktor, de Lehrer, de Pschtor, de Hausfrau, de Küsterin, allemang. Da war es egal wo du herkamst oder wer du warst, man war beisammen, drink noch eene met, so sollte es sein. Aber die Gemeinsamkeit fand irgendwann ihr Ende. Alles wurde lauter, alles musste technischer werden, alles besser organisiert, alles, was früher nebensächlich war, nun drängte das sich in den Mittelpunkt. Es musste irgendwas Besonderes ins Provinzielle. Aus Spaß veranstaltete man in den 90ern mal ein Oktoberfest. Aus Spaß. Das sollte kein Trend werden.
Nu’ is das Ironische verschwunden, Oktoberfeste in Preußen wiederholen sich. Der alte Fritz würde im Grabe rotieren. Aber seien Sie beruhigt: Das preußische Oktoberfest ist auch ein Schutzwall. Denn während in unseren Breitengraden Preußen Bayern imitieren, fröhnt man in Bocholt der Kirmes. Man nimmt sich den Freitag frei und wartet — auf den Wendler.
Der Wendler wurde ja dereinst bekannt durch das Besinge einer vereinsamten Discobesucherin, die den Hobbyplattenaufleger hinterherhimmelt. Und seine Zuhörerinnen himmelten dann genauso dem Wendler hinterher, auch wenn der sangestechnisch nichts nachlegen konnte. Der Rattenfänger des Ruhrgebiets eben. Und weil sich Bocholt eher dem Rheinland und dem Ruhrgebiet als dem Münsterland zugehörig fühlt, gibt es jedes Jahr eine Sangesaudienz des Wendlers.
Und ich sage Ihnen eines: Gegen Wendlererscheinungen helfen nur ähnlich dämliche Aktionen wie preußische Oktoberfeste. Da bin ich aber man fest von überzeugt. Facebook-Gruppen, die ihn zu vertreiben suchen, werden das nicht schaffen. Um Gaby Baginsky-Autogrammstunden sind wir noch herumgekommen, aber die GZSZ-Sternchen, RTL-Prolls und Marcus Schenkenbergs dieser Welt scharren schon mit den Hufen.