Gefahren des Freifunks

In der IVZ schreibt man über das Frei­funk-Pro­jekt, eine Ini­tia­tive, um an möglichst vie­len Orten Wlan-Router zur Ver­fü­gung zu stellen, sei es bei kom­merziellen oder nicht-kom­merziellen Dienstanbietern.

Der Knack­punkt, viele Mit­stre­it­er zu überzeu­gen, wird neben ein­er tech­nisch leicht­en und ein­wand­freien Umset­zung die Sicher­heit in rechtlichen Fra­gen sein. Das gilt es, klar herauszuarbeiten.

Lei­der leis­tet die IVZ in dieser Hin­sicht keinen Dienst, son­dern lässt man jeman­den aus dem Vor­stand des Stadt­mar­ket­ing Vere­ins in Ibben­büren kri­tik­los zu Wort kommen:

Mit dem Router der Frei­funker haben diese eine tech­nis­che Möglichkeit gefun­den, die Stör­erhaf­tung zu umge­hen. Zumal den Frei­funkern sog­ar per Gericht das Provider­priv­i­leg zuge­sprochen wurde, das son­st nur kom­merzielle Anbi­eter genießen. Und deshalb ist dieser Weg auch rechtlich ein­wand­frei nach aktueller Gesetzeslage.

Das klingt schön, stimmt nur lei­der nicht. Den Frei­funkern wurde bish­er nicht per Gericht das Provider­priv­i­leg zuge­sprochen. Somit ist dieser Weg nicht rechtlich ein­wand­frei und schon gar nicht nach aktueller Geset­zes­lage. Es ist besten­falls bei Kla­gen unwahrschein­lich, wegen Stör­erhaf­tung belangt zu wer­den. Heute schon von ein­er Rechtssicher­heit bei Frei­funkern zu sprechen ist schlicht nicht kor­rekt — so sehr es zu wün­schen wäre.

Und auch bei der IVZ selb­st geht es kun­ter­bunt durcheinander:

Hin­ter­grund der bish­eri­gen Gericht­sentschei­dun­gen ist die nur in Deutsch­land beste­hende Stör­erhaf­tung nach dem Telemediengesetz. 

Sie kön­nen ja mal rat­en, wo die Stör­erhaf­tung nicht geregelt wird. Klein­er Tipp: Nicht im Teleme­di­enge­setz.

Diese besagt, dass Unternehmen, wie zum Beispiel Hotels, Kneipen oder Cafés dafür ver­ant­wortlich sind, wenn über ihren WLAN-Zugang Nutzer Straftat­en bege­hen, indem sie sich beispiel­sweise ille­gal Musik oder Filme runterladen.

Das Gegen­teil ist der Fall: Die §§8–10 des Teleme­di­enge­set­zes regeln das soge­nan­nte Provider­priv­i­leg, dem zufolge Inter­net­zu­gangsan­bi­eter, zu denen mitunter auch Hotels und Cafés gerech­net wer­den, die einen Inter­net­zu­gang anbi­eten, ger­ade nicht für Straftat­en von Nutzern haften, sofern sie sich an die Dien­stan­bi­eterpflicht­en hal­ten. Ob das Provider­priv­i­leg gän­zlich von der Stör­erhaf­tung befre­it, ist somit offen.

Kün­ftig kön­nte es allerd­ings für kom­merzielle Anbi­eter freier Wlan-Net­ze etwas heikel­er wer­den: Der kri­tis­che Punkt ist diese Pas­sage des abges­timmten Ref­er­ente­nen­twurfs des Bun­desmin­is­teri­ums für Wirtschaft und Energie:

(4) Dien­stean­bi­eter, die einen Inter­net­zu­gang nach Absatz 3 geschäftsmäßig oder als öffentliche Ein­rich­tung zur Ver­fü­gung stellen, kön­nen wegen ein­er rechtswidri­gen Hand­lung eines Nutzers nicht auf Unter­las­sung in Anspruch genom­men wer­den, wenn sie zumut­bare Maß­nah­men ergrif­f­en haben, um eine Rechtsver­let­zung durch Nutzer zu ver­hin­dern. Dies ist ins­beson­dere der Fall, wenn der Diensteanbieter
1. angemessene Sicherungs­maß­nah­men durch anerkan­nte Ver­schlüs­selungsver­fahren oder ver­gle­ich­bare Maß­nah­men gegen den unberechtigten Zugriff auf das draht­lose lokale Funknetz durch außen­ste­hende Dritte ergrif­f­en hat und
2. Zugang zum Inter­net nur dem Nutzer gewährt, der erk­lärt hat, im Rah­men der Nutzung keine Rechtsver­let­zun­gen zu begehen.

Die Pas­sage soll dazu dienen, Leute zu ver­fol­gen, die Kinder­pornographis­ches aus dem Inter­net saugen, und sowas lässt sich wohl in einem öffentlichen Netz bess­er an als daheim. Viel Spaß also dabei, wenn die Staat­san­waltschaft auf der Mat­te ste­ht und Namen wis­sen will — denn die hat man laut Entwurf zur Sicher­heit bess­er zu ken­nen, will man nicht haften.

Hierzu
Thomas Stadler: Wie die Fach­welt auf den Geset­ze­sen­twurf zur WLAN-Haf­tung reagiert

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Zeit statt Leistung

Die Geschäfts­führung der IVZ hat in der Sam­stagsaus­gabe auf Leser­briefe (s. Ernst Gold­beck) geant­wortet, die sich mit der Erhöhung des IVZ-Abon­nements wegen des Min­dest­lohns für Zeitungs­boten beschäftigten. Man sehe sich in einem Dilem­ma, denn eigentlich wollte man sie wohl lieber nicht abdruck­en, weil *hus­thus­tröchel*, doch das wäre gle­ichbe­deu­tend damit, 

der freien Mei­n­ung in eigen­er Sache das Wort zu entziehen. 

Welch hero­is­ch­er Akt. Ich hätte ja jet­zt gedacht, dass Dilem­ma bestünde darin, auf die diskred­i­tierende Argu­men­ta­tion bezüglich des Min­dest­lohns für Zeitungs­boten und der betrof­fe­nen Arbeit­nehmer noch einen drauf zu set­zen, aber sowas schafft man bei der Geschäfts­führung der IVZ spielend. 

Die Quint-Essenz des Min­dest­lohns für Zeitungs­boten bedeute wegen der Bezahlung nach Arbeitsstun­den und nicht mehr nach Anzahl aus­ge­tra­gen­er Zeitungen:

Der Fak­tor “Zeit” erset­zt den Fak­tor “Leis­tung”.

Wie kommt man nur auf so einen Stuss? Der Fak­tor Zeit erset­zt mit­nicht­en den Fak­tor Leis­tung, denn das würde bedeuten, dass die Zeitungs­boten keine Leis­tung mehr erbrächt­en. Der Min­dest­lohn set­zt ein Stöckchen­hochhal­ten einen Leis­tungsan­reiz außer Kraft, durch den Leute, die bish­er weniger als 8,50€ in der Stunde ver­di­en­ten, noch mehr Stun­den für wenig Geld arbeit­eten bis sie auf einen Betrag kamen, der sie einiger­maßen zufrieden stellt. Und das waren gemäß der IVZ-Darstel­lung Leute, die aus Spaß an der Freude nachts 4 Stun­den Zeitun­gen aus­ge­tra­gen haben, nicht weil sie das Geld drin­gend benöti­gen. Was arbeit­en eigentlich die, die Geld drin­gend benötigen?

Dabei ist dieser Leis­tungsan­reiz gar nicht gän­zlich weg. Man müsste nur Zeitungs­boten das Ange­bot machen, mehr als den Min­dest­lohn ver­di­enen zu kön­nen. Was für eine absurde Vorstel­lung. Ander­er­seits: Erhöht wird der Lohn von 8,50€ eh irgendwann.

Der IVZ jet­zt aber zu unterstellen,

die tägliche Leis­tung unser­er eige­nen Zeitungs­boten nicht wertzuschätzen, ist abwegig.

Man drückt das eben nur nicht über die Bezahlung aus.

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Leser zahlen Werbung

Während man sich bei der IVZ noch ärg­ert, dass man nachts keine Schüler, die übri­gens nicht vom Min­dest­lohnge­setz erfasst wer­den, zum Zeitungsrum­brin­gen loss­chick­en kann, habe ich mich gestern noch gefragt, wieso man denn bei der IVZ über­haupt seit 2015 den Min­dest­lohn für Zeitungs­bringer zahlt. Denn eigentlich hat­te doch die Pres­sev­er­legerlob­by erfol­gre­ich aus­ge­han­delt, dass man für Zeitungs­bringer bis 2017 eben nicht den Min­dest­lohn zahlen muss. Ver­ste­ht man bei der IVZ die Geset­zes­lage nicht?

Die Bun­desregierung hat bere­its zum 1. Jan­u­ar 2015 die undif­feren­zierte Ein­führung eines geset­zlichen Min­dest­lohnes für nahezu alle Tätigkeit­en und somit auch die Boten-Zustel­lung Ihrer IVZ einge­führt. (IVZ, 21.02.2015)

Abge­se­hen von der Fehler­haftigkeit dieses Satzes, denn natür­lich find­et eine Dif­feren­zierung statt, wenn nicht alle Tätigkeit­en gle­ich behan­delt wer­den und eben­so natür­lich hat die Bun­desregierung nicht die Boten-Zustel­lung der IVZ einge­führt, ist das Satz schlicht falsch. Für die Zeitungszustel­lung per Boten wurde der Min­dest­lohn ja dank der Pres­sev­er­legerlob­by ger­ade nicht einge­führt. Der Min­dest­lohn gilt allerd­ings dann für Zeitungs­boten, wenn diese nicht bloß als Zeitungs­boten, son­dern auch als Zusteller von Post der Ver­lage und Werbe­ma­te­ri­alien unter­wegs sind.

Ohne Wer­bungs- und Postzustel­lung würde die IVZ nicht den Min­dest­lohn, den sie für die Tätigkeit eines Zeitungs­boten eh für über­höht hält, zahlen müssen, son­dern mehr als 2 € pro Stunde weniger. Dann hätte man der Preis eines Abos wohl zumin­d­est nicht wegen den Zeitungs­bringern erhöhen müssen.

Zahlt der Zeitungsleser also nun mehr für sein Abo wegen der Wer­bung, die er mit­fi­nanziert? Dann wäre ja der Artikel zur Abo­preis­er­höhung so etwas wie eine Irreführung des Lesers — fre­undlich ausgedrückt.

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Mindestlohngeheule

Die IVZ ver­liert im Jahr hun­derte von Abos, erhöht im drit­ten Jahr in Folge den Preis des Abos, schiebt es dieses Jahr allerd­ings in diesem Jahr auf einen “ein­fachen Grund”: Man muss Zeitungs­bringer fair bezahlen. NEIN! DOCHOH!

Und jet­zt heult man kräftig in die eigene Zeitung:

Tageszeitungsver­lage sind seit dem 1. Jan­u­ar verpflichtet, die Zeitungszustel­lung vom Stück­lohn — wie seit Jahrzehn­ten erfol­gre­ich und zufrieden­stel­lend prak­tiziert wurde — zum Stun­den­lohn umzustellen. Neben völ­lig aus dem Rah­men laufend­en Doku­men­ta­tion­spflicht­en verur­sacht der geset­zliche Min­dest­lohn nun auch Personalengpässe […]

Die müssen jet­zt auf­schreiben, wie lange ihre Mitar­beit­er gear­beit­et haben: NEIN! DOCHOH!

Bis­lang habe die IVZ einen Stück­lohn bezahlt,

der dem Aufwand und der Tätigkeit als Zuver­di­enst in ein­er zeitlich begren­zten Tätigkeit — nicht Beruf — entsprach. Die Preisan­pas­sung entspricht dem Mehraufwand durch das Mindestlohngesetz.

Ern­sthaft? Die IVZ braucht mehr als 440.000 220.000 € Mehrein­nah­men im Jahr, nur um ihre Zeitungszusteller fair zu bezahlen? So krass waren die unterbezahlt?

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Das Gehirn aktivieren

Unsere Lokalpos­tille hat da wieder ein Leck­er­li ausgegraben:

Joseph H. Pilates starb 1967 im Alter von 87 Jahren beim Ver­such, ein Feuer in seinem Stu­dio unter Kon­trolle zu bringen.

Boah, beim muti­gen Todes­fight mit 87 im bren­nen­den Stu­dio umgekom­men, wie dramatisch. 

Die erste Frage, die sich da auf­drängt ist ja: Wenn das Feuer im Jan­u­ar 1966 aus­ge­brochen ist und Pilates erst im Okto­ber 1967 gestor­ben ist, wieso hat das eigentlich so lange gebran­nt? Und warum hat ihn sein Löschver­such so schnell altern lassen, wo er 1967 erst 83 war? 

Aber gut, so schreibt es die IVZ. In Wirk­lichkeit

ist aber im Jan­u­ar 1966 „nur“ in dem Gebäude ein Feuer aus­ge­brochen und Claras Woh­nung und das Pilates-Stu­dio blieben wohl unversehrt. Pilates starb erst fast zwei Jahre später – im Okto­ber 1967 — an einem Lun­genem­phy­sem, das wohl von seinem starken Zigar­ren-Rauchen stammte.

Wie uncool.

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Datenschutz für Leichtgläubige

POPCORN! Die IVZ küm­mert sich wieder um das böse Face­book. Avan­ti Dilet­tan­ti! Face­book will ange­blich “alles” über seine Nutzer wis­sen, deswe­gen schmeisst da jemand von der IVZ seine Face­book-App vom Handy und meldet sich von Face­book ab. Und juchu, seit­dem die Per­son nun Three­ma ver­wen­det, sind ihre Dat­en geschützt. Oder so. Weil Three­ma ihrer Mei­n­ung nach keine Kom­mu­nika­tion spe­ichert und nicht überwacht. 

Das einzige Prob­lem an den Alter­na­tiv­en, die uns nicht überwachen und die keine Kom­mu­nika­tion spe­ich­ern, ist ja, dass zu wenig Men­schen diese Net­zw­erke nutzen. 

Ääh, nein: Man sollte die eigene Blöd­heit als Fehlerquelle nicht unterschätzen. 

Three­ma spe­ichert Kom­mu­nika­tio­nen. Ob Three­ma Kom­mu­nika­tio­nen abgreift oder weit­er­leit­et, dass weiß öffentlich nie­mand, weil die Fir­ma hin­ter Thre­ma dessen Quell­code nicht veröf­fentlicht. Und daher zieht golem.de fol­gen­des Fazit:

Mit der Val­i­da­tion verbindet Three­ma ein großes Ver­sprechen, das nicht gehal­ten wer­den kann. Eine Über­prü­fung der Kor­rek­theit der Ende-zu-Ende-Ver­schlüs­selung ist damit nicht möglich. Der Nutzer erfährt lediglich, dass sich die gel­og­gten Nachricht­en kor­rekt mit NaCl entschlüs­seln lassen — für den Fall, dass es sich bei ihnen tat­säch­lich um die über­tra­ge­nen han­delt. Mehr nicht.

Ander­er­seits ist das auch gar nicht so wichtig, wenn das Betrieb­ssys­tem, auf dem Three­ma läuft, sprich: iOS oder Android, schon kom­plett immun gegen Daten­sicher­heit ist. Im Klar­text: Wenn die Tex­teingabe im Handy abgeschnorchelt wird, ist es für den Schutz eigen­er Dat­en bedeu­tungs­los, ob der Text danach noch ver­schlüs­selt wird.

Aber wer bei der IVZ glaubt, durch das Löschen einzel­ner Apps würde sich sein Daten­schutz verbessern, der sollte vielle­icht ganz schnell die IVZ-App run­ter­schmeis­sen. Denn die will u.a. fol­gende Berech­ti­gun­gen:

Aktive Apps abrufen, Kon­ten auf dem Gerät suchen, genauer Stan­dort abfra­gen, Zugriff auf Fotos, Medi­en, Dateien, USB-Spe­icher­in­halte lesen, ändern oder löschen, Ruhezu­s­tand deak­tivieren, Vibra­tionsalarm steuern

Und nicht zu vergessen, die App kann ihre Kon­to- und/oder Pro­fil­in­for­ma­tio­nen auf Ihrem Gerät ver­wen­den. Also kann die App im Grunde ein Smart­phone aus dem Ruhe­modus aufweck­en und durch die Welt posaunen, wer Sie sind und wo sie ger­ade genau sind.

Und die wollen mir was von Daten­schutz erzählen!

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Ich sehe was, was du nicht siehst (2)

Ich hat­te beim Text über eine ange­bliche Ter­rorzelle in Ibben­büren schon über die jour­nal­is­tis­che Arbeit hin­ter den besproch­enen Tex­ten geäußert:

Was in diesen Tex­ten bloßes Gerücht ist, was Infor­ma­tion des Ver­fas­sungss­chutzes, was eine Tat­sache, was der Phan­tasie des Autors entspringt — das alles gibt sich die Klinke in die Hand.

Und auf diese Tour macht man bei der IVZ bezüglich des Todes eines IS-Kämpfers (Link auf von der WN über­nomme­nen Artikel), der ver­mut­lich aus Ibben­büren stammt munter weiter:

Von dem Mann existiert ein Foto, das ihn mit ein­er Schuss­wunde im Kopf zeigt. Er wurde nach Medi­en­bericht­en in einem Dorf fünf Kilo­me­ter südöstlich von Kobane, dem lange umkämpften Gren­zort zur Türkei, ermordet.

Nach Protesten auf der Seite der WN hat man es doch für sin­nvoller gehal­ten, in der gedruck­ten Aus­gabe nicht von “ermordet”, son­dern von “getötet” zu reden. Es existieren im Inter­net Fotos vom Getöteten (Ver­linkung unterbleibt). Allerd­ings zeigen sie keine Schuss­wunde im Kopf*. Von ein­er der­ar­ti­gen Wunde ist außer bei der IVZ wed­er in der dpa-Mel­dung noch in türkischen Medi­en die Rede.

Sein Kampf­name sei Abdul Dsch­aber al-Tur­ki gewesen.

Laut türkischen Medi­en war sein Kampf­name Abdul­cab­bar El Tur­ki. Das kann ich von hier aus nicht ver­i­fizieren, nur taucht der in deutschen Medi­en ver­wen­dete Name unab­hängig vom dpa-Bericht nicht auf.

Der Getötete hat­te eine Lehre als Elek­trik­er gemacht und soll sich vor einein­halb Jahren radikalisiert haben. dafür soll auch eine Gruppe in Ibben­büren ver­ant­wortlich sein.

Denn wenn man sel­ber so ein Gerücht ohne Nach­weis in der Öffentlichkeit bre­it­tritt, sollte man das mal wieder­holen, auch wenn es schon mas­siv kri­tisiert wor­den ist — was man dann aber bess­er verschweigt.

Die Leser-Kri­tik fol­gt dann auch auf dem Fuß:

Entwed­er Sie sind ein Ahnungslose Berichter­stat­terin oder haben Sie von der Türkei ein Som­merurlaub Gutschein erhal­ten um Tat­sachen bewusst umdrehen.

* 12.05.2015: Inzwis­chen sind mir Fotos zuge­sendet wor­den, die einen Getöteten mit Schuss­wunde zeigen. Dies kön­nte der Betrof­fene sein.

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Der Name, der nicht genannt werden darf

Manch­mal ist das, was das Käse­blättchen so bringt, schon unfassbar:

Die braune Brut schwappt wütend durch die Nacht. Sie flutet die Straße vor der Syn­a­goge und spült Hass und Pflaster­steine durch bers­tende Fen­ster­scheiben hinein. Möbel split­tern. Der Toraschrein liegt in Trüm­mern, doch das reicht den Nazis nicht, sie wollen auch Men­schen in Trüm­mern sehen. Die Nazis johlen. Ihre Nacht – ihre Jagd – hat erst begonnen. So oder ähn­lich wird es gewe­sen sein. 

Öh, ja. Und ein dun­kler Wagen bret­terte mit qui­etschen­den Reifen Staub aufwirbel­nd um die Straße­necke. So oder so ähn­lich eben wird’s gewe­sen sein, oder ganz anders — wen inter­essiert das schon genau? Der Schreck­en der Zeit des Nation­al­sozial­is­mus in Ibben­büren ist wohl für sich genom­men noch nicht so drama­tisch, da muss man sprach­lich mit den Mit­teln des Bil­ligkrim­i­nal­ro­mans nochmal nach­helfen, ganz egal wie sehr das den eigentlichen Gegeben­heit­en entspricht oder nicht. Geht’s eigentlich noch? Damals hat­te ich das noch für eine Ein­tags­fliege gehal­ten. Aber darüber wollte ich’s gar nicht haben.

Bei so manch­er Lokalzeitung ist man ja schon über jedes extrav­a­gante The­ma glück­lich, das man brin­gen kann, ohne in Schwierigkeit­en zu ger­at­en. Es ist im Grunde auch nicht ganz verkehrt, 70 Jahre nach der Befreiung des KZ Auschwitz an diese Zeit zu erin­nern. Aber es kann doch nicht nur darum gehen, eine alte Geschichte zu erzählen. Was für Fol­gen hat­te denn die Zeit oder ist sie mit dem Ende des Wohnens jüdis­ch­er Mit­bürg­er in Ibben­büren abgeschlossen? Und was ist eigentlich mit den nichtjüdis­chen Opfern des Nation­al­sozial­is­mus in Ibben­büren? Wieso fall­en die per­ma­nent unter den Tisch?

Aber darüber wollte ich’s auch nicht haben. Wenn man schon über das The­ma schreibt und eine Liste jüdis­ch­er Opfer veröf­fentlicht, dann hätte man sich vielle­icht auch die Mühe machen sollen, die richtige Schreib­weise der Namen und den aktuellen Ken­nt­nis­stand über den Verbleib der Opfer, den man auch im Inter­net find­et, zu recher­chieren. Früher hieß das mal jour­nal­is­tis­che Sorgfalt­spflicht. Aber darüber wollte ich’s auch nicht haben.

Mir geht es um den let­zten Absatz:

Der Hop­sten­er Joseph Davids hat in Ameri­ka über­lebt. Er erhob später Anklage gegen den Anführer des braunen Mobs. „Es ist mir bekan­nt gewor­den, dass er noch sein Geschäft in Ibben­büren betreibt und unbelästigt sein­er Wege geht.“ Der Mann wurde nie zur Rechen­schaft gezogen.

Dass auch hier ein Opfer falsch geschrieben wird, ja, so ist das dann wohl. Man kann ja schon froh sein, dass da nicht ste­ht, dass er mit kaltem Schweiss auf der Stirn und brüchiger Stimme wütend Anklage erhoben hat. So oder anders hätte es ja auch sein kön­nen. Aber wir schreiben das Jahr 2015 und in diesem Text wird der ver­meintliche Täter nicht namentlich genan­nt, das ist doch inter­es­sant. Weil Her­mann Dill­hoff der Grün­der des heuti­gen Mod­e­haus­es Dill­hoff ist? 

Man müsste gar nicht unbe­d­ingt über ihn schreiben. Schließlich wurde er seit­ens der Straf­be­hör­den zur Rechen­schaft gezo­gen. Nur sah es für die Zuständi­gen auf britis­ch­er und deutsch­er Seite offen­bar so aus, dass ihm nicht genug für eine Anklage nachgewiesen wer­den konnte.

Man kann einem Verdächti­gen nicht vorhal­ten, wenn das Rechtssys­tem nicht greift. Man kann das Rechtssys­tem hier­für kri­tisieren. Ein vernün­ftiger Grund, den Namen des Verdächti­gen zu ver­heim­lichen, wenn man dieses The­ma auf­greift, ist mir allerd­ings nicht ersichtlich.

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Schöner Stolpern

In Ibben­büren ist das Stolper­stein­pro­jekt angestoßen wor­den. Und da das Pro­jekt zum Stolpern qua­si ani­mieren soll, legt man bei der IVZ am Sam­stag gle­ich vor:

Lang ist es her, wer­den so manche stöh­nen. Was geht mich das an, ich war nicht dabei, ich bin nicht schuld. Darum geht es nicht. Es geht um Rassismus. 

Äh, nein. Es geht um Anti­semitismus, und der ist keine Unter­form von Ras­sis­mus — solange man nicht das Vok­ab­u­lar der Nation­al­sozial­is­ten ver­wen­den möchte oder jüdisch für eine genetis­che Eigen­schaft hält. Es geht aber auch um die Gle­ich­heit der Per­so­n­en vor dem Gesetz, scheint auch nach dem Zweit­en Weltkrieg nicht über­all für voll genom­men wor­den zu sein:

Krim­i­nalpolizei­wacht­beis­ter Gat­tner kam am 21. Feb­ru­ar 1950 zu dem Schluss, dass die Täter des Progroms in Hop­sten nicht ein­deutig iden­ti­fiziert wer­den kon­nten und dass die verur­sacht­en Schä­den “gegenüber anderen Städten in keinem Ver­hält­nis ges­tanden haben” (Lars Boe­sen­berg, Jür­gen Düttmann, Nor­bert Ort­gies, Macht­sicherung, Aus­gren­zung, Ver­fol­gung: Nation­al­sozial­is­mus und Juden­ver­fol­gung in Ibben­büren, mit einem Beitrag von Mar­lene Klatt und Rita Schlaut­mann-Over­mey­er, His­torisch­er Vere­in Ibben­büren, S. 94)

Stolpern war gar nicht notwendig, denn Ger­nold Mudrack hat­te in der­sel­ben Aus­gabe mit Verve vorgelegt:

Es sind eine ganze Menge Ini­tia­tiv­en im Sande ver­laufen, weil der lange Atem und der notwendi­ge Biss fehlten. Es gab auch Vor­be­halte: Kön­nten wir Ärg­er kriegen mit Leuten, denen nachge­sagt wird, sie hät­ten sich an jüdis­chem Eigen­tum ver­grif­f­en? Dann fällt ein schlecht­es Licht auf ser­iöse und ange­se­hene Mit­bürg­er, und das wollen wir doch nicht… Im Grunde: Es ist verzögert worden.

Das ist in der Tat in ganz kurz die Vorgeschichte einiger bish­eriger Ver­suche der Aufar­beitung Ibben­büren­er Geschichte von pri­vater Seite. Über­set­zt heisst das: Wie groß ist die Gefahr, von bes­timmten Per­so­n­en verk­lagt zu wer­den? Manch­mal sind der­ar­tige Per­so­n­en ja finanziell auch so gut aus­ges­tat­tet oder so erbost, dass eine wenig Erfolg ver­sprechende Klage angestrebt wird, nur um den Beklagten zu schaden. 

Klage­an­dro­hun­gen funk­tion­ieren sich­er auch als Druck­mit­tel nicht schlecht. Seit 2009 ist allein dieses Blog mit Klage­an­dro­hun­gen mit ange­blichen Stre­itwerten bis unterm Strich über 300.000 € kon­fron­tiert wor­den. Vor Gericht ist noch nie­mand gegangen.

Um beim The­ma Nation­al­sozial­is­mus zu bleiben: Während die Stadt Ibben­büren finanzieller Forderun­gen ehe­ma­liger jüdis­ch­er Bürg­er nachkam, sahen Bürg­er dies anders:

Andere “Käufer” arisiert­er Immo­bilien waren nicht so ein­sichtig, vor allem wurde in der frühen Nachkriegszeit der Zusam­men­hang zwis­chen Juden­ver­fol­gung und Arisierung teil­weise heftig bestrit­ten. Ehe­ma­lige “Ariseure”, also “Aufkäufer” jüdis­ch­er Immo­bilien, stellen sich als, Opfer der Zeit und der dama­li­gen Recht­slage dar, ver­weisen auf das NS-Sys­tem oder die Kriegszeit und lehnen eigene Ver­ant­wor­tung vehe­ment ab (Fre­und, Susanne; Jako­bi, Franz-Josef; Johanek, Peter; His­torisches Hand­buch der jüdis­chen Gemein­den in West­falen und Lippe, Ardey-Ver­lag, 2008, S. 421f.)

Man darf ges­pan­nt sein, ob die Stolper­steine sich so ein­fach ver­legen lassen.

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Ruhe in Frieden, Mazztv (2009–2014)

Opu­lent ges­tartet, stiekum einge­stampft: Während wir dieses Jahr unser 5jähriges gebührend feierten, macht die IVZ ihre öffentlich zugängliche Video­plat­tform Maz­zTV zum 5. Geburt­stag dicht. Das ist schon vor ein paar Tagen geschehen: Man nen­nt das Ende von Maz­zTV, mit dem man einst die Abo-Erhöhung begrün­dete, offiziell eine Inte­gra­tion in die IVZ-Fam­i­lie, und ist darüber wohl so glück­lich, dass man diese schon ini­ti­ierte Verän­derung in den IVZ-Pro­duk­ten bis heute ver­schweigt. Auch in den sozialen Net­zw­erken, in denen man sich doch son­st so gerne aufregt, dass man bei der IVZ deren Arbeit nicht kosten­los ins Inter­net stellt, scheint die Verän­derung bis­lang gar nicht wahrgenom­men wor­den zu sein.

Die Geschichte von Maz­zTV ist die Geschichte ein­er miss­lun­genen Markene­in­führung (Weiß irgend­je­mand, wass Mazz heißen soll?) anhand eines For­mats, dass andere Zeitun­gen schon vor Jahren einge­mot­tet haben. Statt wie vois.tv Pro­jek­te zu entwick­eln auszupro­bieren, die die Marke nach­haltig auf den Radar der Öffentlichkeit gebracht hät­ten, blieb es meist beim Kam­era-draufhal­ten. Und die Balkon-Show der Sportjour­nal­is­ten ent­larvte meist nur, wie triv­ial ihre Sicht auf das Sport­geschehen ist. Nun wurde Maz­zTV bei Face­book schon der Steck­er gezo­gen. Auf der Twit­ter-Seite liest man:

maz­zTV war von 2009 bis 2014 die regionale Video­plat­tform für das Teck­len­burg­er Land

Wobei diese Beze­ich­nung ja schon Unsinn ist, wenn ein Pro­jekt mit Teck­len­burg, Lad­ber­gen, Lengerich, Lienen, Lotte und West­erkap­peln — sprich mit der Hälfte des Teck­len­burg­er Lan­des — nichts zu tun hat. So hört sich die Beschrei­bung dann auch eher nach einem Ende als nach ein­er Fam­i­lien­auf­nahme an. Videos der IVZ ver­schwinden von nun an unter­halb des öffentlichen Radars hin­ter ein­er Bezahlschranke und ob die Com­e­dytruppe von der Sportredak­tion weit­er­hin ihre nichts erk­lären­den Woch­enen­do­rakel dort zum Besten gibt, ist unklar — seit dem 5. Dezem­ber erscheint die Rubrik nicht mehr.

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