Mindestlohn für Zeitungsboten

Vor ein paar jahren wurde ein Bekannter von mir bei einer großen ostwestfälischen Zeitung eingestellt. Als erstes wurde ihm erzählt, dass er über alles schreiben könne – nur nicht über Zeitungsboten.

Was hat es damit auf sich? Zeitungsboten sind seit Jahren weithin unterbezahlt und das ist auch seit Jahren kein großes Geheimnis – wenn man nicht gerade die Berichterstattung von Zeitungen zu Grunde legt, denn da kommt so ein Thema natürlich nicht vor.

Der von der SPD vorangetriebene allgemeine Mindestlohn bringt nun die Zeitungsverlage, denen die faire Bezahlung von Zeitungsboten nie sonderlich am Herzen lag, in Bedrängnis: Wie soll man noch höhere Kosten auffangen, wenn man immer noch kein Geschäftsmodell für die Zukunft hat?

Auch für die IVZ, die gerade erst den monatlichen Abo-Preis auf 32,90€ hochgeschraubt hat, womit der Monatspreis seit 2013 unterm Strich um 5€ gestiegen ist, dürfte dies keine einfache Aufgabe sein.

Nun haben sich die Zeitungen wohl folgendes einfallen lassen: Einerseits betreiben sie Lobbyismus. Das sieht so aus, dass man den Richter Udo di Fabio ernsthaft öffentlich rumposaunen lässt, dass die Pressefreiheit in Deutschland in Gefahr geriete, wenn Zeitungsboten fair bezahlt würden. Andererseits wird versucht, das Gesetz zu umgehen, indem man Zeitungsboten vorschreiben möchte, wie viele Zeitungen er in der Stunde ausliefert, egal wie lange er tatsächlich braucht:

Mathias Haubrok, Betriebsrat

„Die Durchschnittsgeschwindigkeit wird mit 5 km/h angenommen und bei den Steckzeiten ist es so, dass der Erstwurf mit 20 Sekunden und jeder weitere Wurf mit 5 Sekunden berechnet wird.“

KONTRASTE

„Aber 5 km/h zum Laufen ist schon ganz schön sportlich!?“

Mathias Haubrok, Betriebsrat
„Das ist schon ganz schön sportlich, ja.“

Vor allem bei Glätte, Kälte und Nässe.

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Des Kaisers neue Digitalangebote

Die Kritik an der IVZ, dass man mit einer generellen Abo-Gebühren-Erhöhung die eigenen Online-Spielereien zu refinanzieren versucht, weil der Versuch, diese durch Werbung zu finanzieren, gescheitert ist, reisst nicht ab.

Immerhin scheint es durchaus die Möglichkeit zu geben, ein bloßes App-Abo abzuschließen. Allerdings sieht es auf der itunes-Seite so aus, als ob das mit 30,99€ noch teuerer als die Kombi-Variante ist.

Andererseits ist es auch merkwürdig, was der Nutzer der IVZ-Android-App so alles einräumen muss. Die installierte App vermag es,

– Ihre genaue Position anhand von GPS-Daten oder über Netzwerkstandortquellen wie Sendemasten oder WLAN zu ermitteln. Diese Standortdienste müssen auf Ihrem Gerät verfügbar und aktiviert sein, damit die App sie verwenden kann. Apps können Ihren Standort anhand dieser Daten ermitteln und verbrauchen eventuell zusätzliche Akkuleistung.

– Daten zu den auf Ihrem Gerät gespeicherten Kontakten zu ändern, einschließlich der Häufigkeit, mit der Sie bestimmte Kontakte angerufen, diesen E-Mails gesendet oder anderweitig mit ihnen kommuniziert haben. Die Berechtigung ermöglicht Apps, Kontaktdaten zu löschen.

– auf die Telefonfunktionen des Geräts zuzugreifen. Die Berechtigung erlaubt der App, die Telefonnummer und Geräte-IDs zu erfassen, festzustellen, ob gerade ein Gespräch geführt wird, und die Rufnummer verbundener Anrufer zu lesen.

Wozu will die IVZ denn wissen, wo ich bin und mit wem ich telefoniere?

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Klaus Rieping über die neuen IVZ-Formate

Ja, upsalla, während unsereins fröhlich Schränke zusammengeikeat hat, rummste es in der Kommentarspalte des IVZ-Berichts zu den neuen IVZ-Formaten derart, dass sich scheinbar der IVZ-Geschäftsführer Klaus Rieping, jedenfalls der Benutzer eurofighter, der sich als Klaus Rieping bezeichnet, dazu Stellung nimmt. Seitens der Kommentatoren steht die verkappte Preiserhöhung eines IVZ-Abos, das auch Online-Angebote enthält, auf 30,90€, die Bindung der Online-Angebote an ein Abo der gedruckten Zeitungsausgabe und das Nichtfunktionieren(!) der Apps auf gängigen Smartphones und Tablets in der Kritik.

eurofighter betont hierzu:

Die Leistung eines Verlages liegt nicht im Bdrucken von Papier mit Farbe, sondern in der professionellen, aktuellen, journalistischen Aufbereitung der Nachrichten und Informationen in Text, Bild und nun auch Bewegtbild für verschiedene Medien.

Na, mit der Argumentation steht er Norbert Tiemann ja in nichts nach. Die Leistung eines Verlages liegt im Ergebnis der Arbeit seiner Journalisten? Wollte er das wirklich sagen? Das ist ungefähr so verständlich, als wolle man sagen, die Qualität der Arbeit einer Verkäuferin bemesse sich an der Qualität der Cola, die sie mir verkauft.

Aus welchem Grund sollte der gleiche Inhalt in verschiedenen Medien unterschiedliche Preise haben?

Tja, aus welchem Grund kostet eine Blue-Ray-DVD mehr als eine normale DVD, obwohl sie denselben Inhalt haben? Na, vielleicht weil die Herstellungskosten höher sind?!

Wir bedienen nunmehr alle Interessen unserer Leser und User mit größtmöglicher Aktualität und Verfügbarkeit weltweit. Das hat seinen Preis. Wir meinen, ein Euro pro Tag ist da nicht zu viel.

Nun kostet die Zeitung im Abo durchschnittlich am Tag keinen Euro, sondern 1,09€, künftig 1,21€ – monatlich nicht 25€, sondern 30,90€. Aber so kann man natürlich auch unter den Tisch fallen lassen, dass gerade eine Preiserhöhung von 9% von statten geht: Indem man läppisch von einem Euro redet.

Die IVZ hat in den vergangenen Jahren erheblich in digitale Technik, Personal und Knowhow investiert; auch, um unabhängige lokale Berichterstattung künftig überhaupt weiter gewährleisten zu können. Print und Digital.

Die lokale Berichterstattung ist so gefährdet, dass sie überhaupt weiter gewährleistet werden muss? Meint er das ernst? Ich nenne mal das Magazin Mittendrin, das Stadtjournal, die Wirin, Heimspiel online, Ibbpunkt, die Osnabrücker Sonntagszeitung – ganz zu schweigen von all den Internet- und Facebook-Seiten. So viel war noch nie da. Wenn es irgendetwas gibt, dass gerade nicht gefährdet ist, dann lokale Berichterstattung.

Mir ist kein lokaler Zeitungsverlag unserer Größe in Deutschland bekannt, der vergleichbare Leistungen so günstig anbieten kann.

Klaus Rieping, IVZ-Verlagsgeschäftsführer

Mir schon.

Und das sogar im Münsterland: Die Borkener Zeitung verkauft ein ePaper-Abo für 21,50€. Das Abo der Wetzlaer Neuen Zeitung kostet 23,30€, das der Wilhelmshavener Zeitung kostet 22,20€, das der Oldenburger Zeitung kostet 20€, das vom Delmenhorster Kreisblatt 17,50€, das Stader Tageblatt 17€, die Peiner Allgemeine möchte 16€ für ein ePaper-Abo haben und das ePaper des Iserlohner Kreisanzeigers und Zeitung bekommt man sogar schon für 14,50€.

Auf Anhieb habe ich überhaupt keine Zeitung mit vergleichbarer Auflage gefunden, deren Bezugsmöglichkeiten eines Online-Zugangs so teuer war wie der der IVZ. Zugegeben: Bei einigen Zeitungen ist der Online-Zugang bei zusätzlicher Bestellung der gedruckten Ausgabe ebenso teuer, manchmal 1€ im Monat teuerer. Einerseits ist fraglich, wer beides bestellen möchte, andererseits kann man ein Abo künftig problemlos dreiteilen: Eine Person nutzt die gedruckte Ausgabe, eine die App auf dem Tablet und eine das ePaper. Da kann so manches Abo gespart werden. Aber ob die IVZ das wollte?!

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