Mit kritischem Journalismus haben die Interviews nichts zu tun, die die IVZ in letzter Zeit über Dieter Jasper erstellt hat: Es sind Wohlfühlinterviews, bei denen ein Politiker nichts zu befürchten hat, bei denen der Interviewer keine kritischen Fragen stellt, nicht mal nachhakt und einfach nur mal fragt, wie sich der Interviewte so fühlt. Gefühle sind ja so in heutzutage.
Im April ist im Bundestag beschlossen worden, dass der Kohlebergbau nicht mehr gefördert wird. Nun könnte man Jasper fragen: “Was nun?” Und? Wird wohl sowas gefragt? NEIN, nicht die Bohne. Im Gegenteil: Das wird noch nicht einmal angesprochen. Jasper meint, er werde sich weiterhin für die Kohle einsetzen. Weiterhin? Was soll das wohl heißen, wenn der Ausstieg beschlossen ist?
Jasper hat im Bundestag als einziger Parlamentarier gegen den Ausstieg aus der Steinkohlefinanzierung gestimmt. Aber das heißt nicht viel. Er hat zwar eine Rede zum Steinkohlefinanzierungsgesetz zu Protokoll gegeben, aber das bedeutet meistens eben nur: Die Rede wurde gar nicht erst gehalten.
Und auch das verwundert nicht weiter, denn auch in seiner eigenen Fraktion scheint Jasper kaum Rückhalt für irgendetwas zu haben: Zunächst wurde er nach seiner Doktortitelaffäre von seiner Fraktion als Redner gar nicht erst wieder aufgestellt. Als er dann doch noch zwei Mal ans Rednerpult durfte, fiel die Ankündigung durch Bundestagspräsident Lammert immer gleich aus: “Als letzter Redner zu diesem Thema…” Die Fraktion lässt ihn, wenn überhaupt, nur noch als Letzten ans Rednerpult. Dann, wenn die Debatte schon zu Ende ist.
Wenn er dann mal redet, spricht er davon, dass der Arbeiter das wichtigste Kapital der Firmen sei und erntet etwas Gesinnungsapplaus aus den eigenen Reihen. Dabei wirkt der Satz zu gestrig wie zynisch: Wann waren Arbeiter so von “Rationalisierungen” bedroht, wann als Menschen nur noch so ein Kostenfaktor für Firmen wie heute, in einer Zeit, in denen 80% der Beschäftigten mit ihrer Arbeit innerlich abgeschlossen haben?
Woran Jasper konkret arbeitet, das erfährt der Wähler nicht. Aber er weiß, dass Jasper ein Fahrrad in Berlin hat, mit dem er nicht fährt, dass er dauernd den Stadtführer für Besuchergruppen macht, dass er an einer Doppelkopfrunde teilnimmt, dass er nur einmal in Berlin im Kino war.
Wenn er den wirklich noch einmal antritt, dann kann er doch mal erklären, was er konkret macht. Was er konkret erreicht hat. Oder er könnte die vielen unbeantworteten Fragen zu seinem erkauften Doktortitel beantworten, die er versucht auszusitzen. Oder sollte man ihn besser wortwörtlich nehmen: Will er wirklich nur das Vertrauen der Wähler geschenkt haben?
⚓