Beckenbauerismus bei der NOZ

POPCORN! Die Beck­en­bauer­sche Real­itätsver­weigerung ist im Jour­nal­is­mus angekom­men: Die NOZ schickt einen Jour­nal­is­ten auf die Krim, der holt sich da etwas rus­sis­che Pro­pa­gan­da ab und kippt die unge­filtert in die Zeitung. Und das klingt dann so:

Juri Kon­stan­ti­now­itsch Gem­pel ist auf die Bun­deskan­z­lerin nicht gut zu sprechen. „Wegen der Poli­tik von Angela Merkel kann ich meine Töchter nicht besuchen. Ist das gerecht?“ fragt Gem­pel. Die Antwort schwingt unaus­ge­sprochen mit. (… Seine Töchter) leben in Düs­sel­dorf und Ful­da, ein Enkel dient in der Bun­deswehr. Seit­dem die Krim wieder zu Rus­s­land gehört, bekommt der Vater und Groß­vater jedoch kein Visum mehr für Deutschland.

Das stimmt so nicht. Der gute Mann kann sich dur­chaus von der Krim aus ein ukrainis­ches Visum für Deutsch­land besor­gen. Nur ist der gute Mann Mit­glied in Putins Partei, das wäre wohl partei­in­tern und wenn man nur einen rus­sis­chen Pass besitzt eher ein Problem.

Vor vier Jahren, am 18. März 2014 kon­nte Rus­s­lands Präsi­dent Wladimir Putin Vol­lzug melden: Nach ihrer Los­sa­gung von der Ukraine wurde die Krim Teil der Rus­sis­chen Föderation.

Ach, die Krim hat sich von der Ukraine los­ge­sagt? Wann ist das denn passiert? Vor oder nach­dem rus­sis­che Sol­dat­en den Flug­platz beset­zt haben?

Viele der 2,3 Mil­lio­nen Bewohn­er wis­sen, was sie dem rus­sis­chen Präsi­den­ten zu ver­danken haben. „Die Poli­tik Putins hat uns 2014 vor gewalt­täti­gen Auss­chre­itun­gen bewahrt. Er hat uns das Ref­er­en­dum ermöglicht, er hat uns Sicher­heit und Sta­bil­ität gebracht“, erzählt Gempel

Auss­chre­itun­gen gab es keine auf der Krim, das Ref­er­en­dum kon­nte man nicht als frei und demokratisch betra­cht­en, wenn die Sol­dat­en des okkupieren­den Staates an jed­er Straße­necke ste­hen und ger­ade die Sta­bil­ität ist flöten gegan­gen: Viele wis­sen nun, dass sie ihre Jobs und ihre Gelder ver­loren haben. Dass diverse Geschäfte schließen, die Stromver­sorgung eine Glückssache ist, teil­weise tage­lang aus­fällt. Und dass sie keine Chance haben, hör­bar Kri­tik zu äußern. 

Rus­sis­ch­er Lesart zufolge haben rus­sis­che Stre­itkräfte die Krim nicht annek­tiert, son­dern lediglich das Ref­er­en­dum abgesichert, mit dem sich die Men­schen mehrheitlich für eine gemein­same Zukun­ft mit Moskau und gegen eine Zukun­ft in der Ukraine aus­ge­sprochen haben. Die inter­na­tionale Gemein­schaft will davon bis heute jedoch nichts wis­sen. Der herrschen­den juris­tis­chen Mei­n­ung zufolge han­delt es sich um eine Annex­ion ukrainis­chen Staatsgebietes.

Oh, nicht nur nach “der herrschen­den juris­tis­chen Mei­n­ung”, was immer das da für ein Kampf­be­griff sein soll. Wenn sie Leute auf der Krim fra­gen, die nicht bloß rus­sis­che Pro­pa­gan­da von sich geben, wer­den die ihnen auch erzählen, dass während des Umsturzes in der Ukraine auf der freien Krim plöt­zlich ungekennze­ich­nete Sol­dat­en den Flughafen beset­zt hiel­ten. Und diese gaben sich irgend­wann als rus­sis­che zu erken­nen. Von einem Ref­er­en­dum war da noch gar nicht die Rede, geschweige denn von einem Ver­lan­gen der Poli­tik auf der Krim, Rus­s­land ange­hören zu wollen.

Alles auf Kosten des kleinen Mannes. Präsi­dent Putin spürt davon rein gar nichts, wenn er uns auf der Krim besucht“, sagt ein Mitar­beit­er im Außen­min­is­teri­um: „Was also nützen Sank­tio­nen?“ Schon wieder eine dieser rhetorischen Fragen.

Ger­ade rhetorische Fra­gen gilt es kri­tisch anzuge­hen, was diesem Autor allerd­ings nicht ein­fällt. Es geht wohl um einen Mitar­beit­er des rus­sis­che Außen­min­is­teri­ums. Schaut man sich aber die EU-Sank­tio­nen ein­mal an, tre­f­fen die eher nicht den kleinen Mann.

Wer durch die Straßen von Sim­fer­opol schlen­dert, sieht vor allem eines: viele junge Men­schen. Frauen mit Kinder­wa­gen. Fam­i­lien. Neu angelegte, gut besuchte Kinder­spielplätze. Straßen­musikan­ten. Wer ein mas­sives Aufge­bot von Sicher­heit­skräften erwartet hat – Fehlanzeige.

Ja, wer hat das denn erwartet? Der von jed­er Kri­tik an rus­sis­ch­er Pro­pa­gan­da unange­tastete Autor erge­ht sich dann auf Twit­ter in Humor:

Wo ich dann doch noch eine Frage auf der Zunge hatte:

Dann war wohl der ganze Text nur symbolisch.

Und die NOZ dar sich gerne mal die Frage stellen, was sie mit diesem kri­tik­be­fre­it­en Urlaub­sjour­nal­is­mus eigentlich bezweckt?

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