Das Elternrecht

Markus Pieper, EU-Par­la­men­tari­er aus dem Mün­ster­land, hat sich als ein­er der weni­gen mal getraut, auf den Punkt zu brin­gen, wie die kon­ser­v­a­tive Posi­tion der CDU zum Eltern­recht aussieht:

Kinder haben gottgegebenes Recht auf Vater und Mut­ter. Nie­mand ein Recht auf Kinder.

Gut, wenn man Gott in Spiel bringt, hat man keine son­der­lich große Diskus­sions­ba­sis. Ver­suchen wir es mal mit einem etwas zugänglicheren Mann: Immanuel Kant.

Bei Kant ist eine Sorgepflicht der Eltern für ihre Kinder dadurch gegeben, dass sie es gewe­sen sind, die ihre Kinder ohne deren Ein­willi­gung in die Welt geset­zt haben. Damit haben Eltern ein ethis­ches, wie juridis­ches Recht zur Erziehung ihrer Kinder, wie die ethis­che Pflicht (aber nicht eine juridis­che) hierzu. Kinder sind bei Kant keine Rechtsper­so­n­en, daher kommt bei ihm nicht vor, dass diese bes­timmte Rechte hät­ten. Wie sollte ein Kind auch das ange­bliche Recht auf einen Vater in Anspruch nehmen, wenn dieser gestor­ben oder unaufind­bar ist?

Sicher­lich hat Kant bei Eltern an Vater und Mut­ter gedacht. Aber die Begrün­dung der Rechte und Pflicht­en von Eltern liegt nicht in ihren biol­o­gis­chen Attributen:

da das Erzeugte eine Per­son ist, und es unmöglich ist, sich von der Erzeu­gung eines mit Frei­heit begabten Wesens durch eine physis­che Oper­a­tion einen Begriff zu machen*): so ist es eine in prak­tis­ch­er Hin­sicht ganz richtige und auch noth­wendi­ge Idee, den Act der Zeu­gung als einen solchen anzuse­hen, wodurch wir eine Per­son ohne ihre Ein­willi­gung auf die Welt geset­zt und eigen­mächtig in sie herüber gebracht haben; für welche That auf den Eltern nun auch eine Verbindlichkeit haftet, sie, so viel in ihren Kräften ist, mit diesem ihrem Zus­tande zufrieden zu machen. 

Wäre es dem­nach denkbar, dass der Beschluss, ein Kind in die Welt zu set­zen, von zwei gle­ichgeschlechtlichen Men­schen aus geht, so wie er von leib­lichem Vater und leib­lich­er Mut­ter ausgeht?

Ja. Das ist der­selbe Fall wie bei der kün­stlichen Befruch­tung. Auf die Idee, den geset­zlichen Eltern eines so gezeugten Kindes, ehe­liche Rechte zu entziehen, ist auch noch nie­mand gekommen.

Bei Kant ist das Eltern­recht ethisch begrün­det, nicht juridisch, nicht biol­o­gisch und nicht religiös. Juridis­che, biol­o­gis­che und religiöse Umstände mag es geben, sie rüt­teln aber nicht an der ehtis­chen Begrün­dung des Eltern­rechts, weil man es hier mit ver­ant­wortlichen Erwach­se­nen zu tun hat.

Kant wen­det sich impliz­it gegen Piepers Rede vom Gott gegebe­nen Eltern­recht, weil Kinder Wesen sind, denen es möglich sein wird, freie Entschei­dun­gen zu tre­f­fen, wobei es für den Men­schen unmöglich zu denken ist, dass die Möglichkeit zu freien Entschei­dung auf eine physis­che Ursache zurück­führbar wäre,

*) Selb­st nicht, wie es möglich ist, daß Gott freie Wesen erschaffe; denn da wären, wie es scheint, alle kün­ftige Hand­lun­gen der­sel­ben, durch jenen ersten Act vorherbes­timmt, in der Kette der Naturnoth­wendigkeit enthal­ten, mithin nicht frei. Da sie aber (wir Men­schen) doch frei sind, beweiset der kat­e­gorische Imper­a­tiv in moralisch prak­tis­ch­er Absicht, wie durch einen Macht­spruch der Ver­nun­ft, ohne daß diese doch die Möglichkeit dieses Ver­hält­niss­es ein­er Ursache zur Wirkung in the­o­retis­ch­er begrei­flich machen kann, weil bei­de übersinnlich sind. 

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