Vom Verriss einer Lesung von Jürgen Kehrer

Im Käse­blatt ist ver­gan­gene Woche eine Lesung von Jür­gen Kehrer ver­ris­sen wor­den. Aber wie:

Kehrer unter­malt seine Lesung mit Klang­vari­a­tio­nen zu „O Bur, wat kost’t dien Hei“. Das soll wohl atmo­sphärisch eine Tür zum Titel des Buch­es auf­s­toßen, bleibt aber eher bindungs­los im Raum und erk­lärt den Zusam­men­hang des Fall­es mit dem Lam­ber­tussin­gen nicht.

Soll wohl?! Nein, die Anspielung hat etwas mit dem Inhalt des Buch­es zu tun, es ist qua­si der Schlüs­sel zur Lösung des Fall­es. Zugegeben, man erken­nt das auch nur, wenn man das Buch gele­sen hat. Der Schreiber hat dies offen­bar nicht getan.

wenn ich eine Lesung besuche, möchte ich den Autor als Per­son wahrnehmen. Wie ist seine Beziehung zum Schreiben und zu den Per­so­n­en sein­er Geschicht­en. Wie viel Auto­bi­ografis­ches ist zu entdecken?

Auto­bi­ographis­che Ansätze suchen bei einem Kri­mi, den man selb­st gar nicht erst gele­sen hat? ERNSTHAFT?!! Sagen Sie mal, Herr King, das mit diesem Fried­hof und den Kuscheltieren, ist das nicht irgend­wie autobiographisch? 

Auch zum vorge­le­se­nen Teil aus dem neuen Wils­berg-Kri­mi Wils­berg — Ein biss­chen Mord muss sein fällt dem Schreiber nur ein

Die Kult­fig­ur entste­ht auch in der Verknüp­fung mit ihrem Darsteller Leonard Lansink schnell wieder – mit all ihren Eck­en und Kan­ten, ihren Geld­prob­le­men und ihrer Schn­od­derigkeit vor dem geisti­gen Auge. Und der Fall ver­spricht sehr schnell, span­nend zu werden.

Also auch das Buch hat der Schreiber­ling offen­bar gar nicht erst vor der Lesung gele­sen oder wie soll man das kom­plette Aus­bleiben eines Bezugs zum Inhalt und die Rede davon, was “der Fall ver­spricht” ohne zu erk­lären, ob er es hält, deuten? Zum Schluss kam laut Schreiberling

keine Frage aus den eher schwach beset­zten Rei­hen, sich­er auch, weil Jür­gen Kehrer bis zu diesem Punkt keine Anreize zum Nach­fra­gen geset­zt hat­te. Eine ver­tane Chance

Pro-Tipp: Ein­fach vorher mal das Buch lesen, um das es bei ein­er Lesung geht, dann kann man auch sin­nvolle Fra­gen stellen. Und irgend­wie wäre es dem Schrift­steller gegenüber auch fair­er. Alles andere eröffnet die Chance auf so ein totales Kri­tikver­sagen wie im betr­e­f­fend­en Artikel.

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Lesezeichen

  • Fam­i­lie, Formel 1 und Fußball: Leben in der Jun­gen Pflege des Osnabrück­er Paulusheims Thorsten Mös­ing war ger­ade ein­mal 28 Jahre alt, als sich sein Leben durch eine Gehirn­blu­tung von ein­er Minute auf die andere kom­plett gewan­delt hat. Der junge Vater aus Ibben­büren wurde zum Pflege­fall. Seinen Beruf als Gas- und Wasserin­stal­la­teur kon­nte er nicht mehr ausüben, seine kleine Tochter nicht mehr zur Schule brin­gen, auch das Leben zu Hause kon­nte nicht mehr so stat­tfind­en wie vorher.<br>
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Lesezeichen

  • Entschädi­gung für Beamte wegen alters­diskri­m­inieren­der Besol­dung “Das Ver­wal­tungs­gericht Mün­ster hat durch jet­zt bekan­nt gegebene Urteile vom 1. Okto­ber 2015 ins­ge­samt 70 Beamtin­nen und Beamten der Städte Mün­ster und Ibben­büren sowie eines Beamten des Lan­des Nor­drhein-West­falen eine Entschädi­gung in Höhe von jew­eils 100 Euro monatlich zuge­sprochen, weil ihre Besol­dung bis zum 31. Mai 2013 gegen das Ver­bot der Alters­diskri­m­inierung verstieß.”
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Gretchenfrage

Wie rechts sind eigentlich unsere Lokalblättchen? Und so langsam darf man die Frage mal stellen, wenn der Chefredak­teur der WN heute im Grunde einen Rutsch von Angela Merkel in Rich­tung AfD befürwortet:

Hil­fre­ich wäre angesichts der koali­tionären Viel­stim­migkeit Klarstel­len­des aus dem Munde Angela Merkels: Weil die Auf­nah­meka­paz­ität begren­zt ist, ist die Begren­zung der Flüchtlingszahl alter­na­tiv­los. Noch kriegt die Kan­z­lerin die Kurve dazu nicht. Warum auch immer.

So ein­fach ist das: Man deklar­i­ert irgen­deine ange­bliche Sit­u­a­tion mit dem AfD­schen Das Boot ist voll und dem merkelschen Alter­na­tiv­los und fer­tig ist die Laube!

Das Asyl­recht wurde deut­lich ver­schärft […] Und natür­lich stellt sich heute die Frage, warum bis­lang so großzügig Abstand genom­men wurde von der Durch­set­zung dieses Rechts.

Gut, vielle­icht weil es gegen EU- und Völk­er­recht ver­stößt. Aber warum ist denn ger­ade die Regierung in der Kri­tik, ver­sagt zu haben?

Der Ein­druck drängt sich auf; her­vorgerufen auch durch eine – von der Poli­tik kalkuliert her­beige­führte – Erwartung­shal­tung, die die real­is­tis­che Mach­barkeit aber oft­mals verkennt.

Ach so! Die böse Lügen­presse Poli­tik will die Angela doof da ste­hen lassen. So sieht’s doch aus!

Und ich dachte, dass hätte damit zu tun, dass z.B. die Stim­mung in der Regierung so am Boden ist, dass der Zuständi­ge für die Flüchtlings­frage, Peter Alt­maier, auf Twit­ter einen Jour­nal­is­ten fra­gen muss, was die aktuelle Mei­n­ung von Wolf­gang Schäu­ble zur Asyl­recht­slage ist. Oder damit, dass der Rat der Migra­tion der Regierung Totalver­sagen vor­wirft, weil seit Jahren darauf hingewiesen wird, dass die Flüchtlingszahlen drastisch steigen wer­den, dass Län­der wie Ital­ien seit Jahren Alarm schla­gen, die Regierung hierzu aber rein gar nichts unter­nom­men hat.

Was passiert eigentlich mit denen, die vorm Über­laufen des Bootes war­nen? Schal­ten wir dazu rüber zum Karika­tur­is­ten der IVZ. Wom­it wir irgend­wie schon wieder bei der Aus­gangs­frage wären.

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Metrickz — Ultraviolett II

Met­rickz legt sein zweites Album vor. Es ist eine Bestand­sauf­nahme eines egozen­trischen Her­anwach­senden, der auf Sta­tussym­bole steil geht, sich mit sein­er Fam­i­lie auseinan­der set­zt, mit der Gesellschaft hadert und auf die Liebe set­zt. Gar nicht so übel.

01. Treib­sand Sprach­lich fängt’s allerd­ings gram­matikalisch und metapho­risch hol­prig an: “Die größten Berge war’n bish­er nur wie ’ne Kerbe mein­er Fährte auf der ganzen Spur”. Auch Rap­per wer­den nicht umhin kom­men, ver­ständliche Bilder zu kreieren, das funk­tion­iert hier noch nicht. Irgend­wie soll es um ihn und seine Gang gehen: “Nie­mand von uns war ein Teil von dem Sys­tem” — der Witz ist, dass genau das nicht stimmt. Aber das ver­ste­ht er sich­er später mal.
02. Du lügst Seine Ex ist eine ver­lo­gene Schlampe, und er macht jet­zt alles kaputt von ihr. Man möchte ihm zurufen: “Komm’ mal klar, Junge!”
03. Schwarz­er BMW Dieser auf­dringlichen, viel zu besorgten und ver­strahlten Gesellschaft muss erst mal gezeigt wer­den — was für ein tolles Auto ich fahre. Dazu schieße ich um mich, also habt Angst vor mir Real­itätscheck­er. Dümm­lich­ster Beitrag dieses Albums.
04. KO/OK ES GEHT DOCH! Warum fängt die Plat­te nicht erst ab diesem Stück an? Der Rap klingt wesentlich har­monis­ch­er zur Musik, der Text driftet nicht in Meta­pherun­fälle ab und wirkt in sein­er Kamp­fansage gegen Res­ig­na­tion erfrischend authentisch.
05. Däch­er der Welt Flot­ter Song, der Tem­po vor­legt. Die Sor­gen ver­schwinden, wenn man auf den Däch­ern der Welt tanzt — nein, das tun sie nicht.
06. Nicht wie du Auseinan­der­set­zung mit der Vater­fig­ur. Passende Bal­ance zwis­chen eigen­er Hal­tung und Annäherungsver­such des Vaters, der einen zuvor im Stich lies. Met­rickz funk­tion­iert eben auch ohne infan­tiles Männlichkeitsgehabe.
07. Träume Weit­ere Auseinan­der­set­zung mit der eige­nen Fam­i­lie, deren Kälte den Her­anwach­senden zur gedanklichen Flucht in Träume veranlasst.
08. Wolke X Man beamt sich in den Orb, weil man auf der Erde nicht mehr klar kommt. Inhaltlich nicht neu, aber musikalisch interessant.
09. Durch die Nacht Müsste man nicht mal eine Gang grün­den gegen all diese Leute da draußen? Nö, muss man nicht.
10. Alles per­fekt Wenn ich das richtig raushöre, singt Met­rickz hier den Refrain dieses Liebesliedes. Zusam­men mit der groovi­gen Musik lenkt das her­vor­ra­gend vom über­raschend kitschi­gen Text ab.
11. Kopf aus Song, der mit Grund­melodie und Frauenge­sang den Hör­genuss auflock­ert. Textlich schießt er sich aus der Real­ität, weil die Gesellschaft … ach, Sie ken­nen das?
12. Wir “Wir lassen alles liegen und laufen davon” und sin­gen zum hun­dert­sten Mal dasselbe.
13. V.D.E.B.Z.M “Mit­tler­weile bin ich dort wo sich die Winde nicht mehr drehen” — müssen wir uns sor­gen machen?
14. UV II Zum Schluss wieder eine tanzbare Num­mer in etwa darüber, wie Met­rickz zum zweit­en Album kam. Natür­lich schwarz­ma­lerisch gegen irgen­deine anonyme Masse, die ihm nicht gut­gesin­nt ist.

Alles in Allem ist dies ein guter Nach­fol­ger von Ultra­vi­o­lett, der vielle­icht ein, zwei Songs zuviel hat, denn the­ma­tisch und vom Sprach­wortschatz wird es an eini­gen Stellen dünn. Richtig gut wird Met­rickz ab dem vierten bis zum acht­en Lied auf ein­mal, wenn er die pri­vat­en Schwierigkeit­en the­ma­tisiert. An den Stellen ist eine klare musikalis­che Weit­er­en­twick­lung zu sehen.

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